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Wenn Feminist*innen über ihre Erfahrungen sprechen, strukturelle Gemeinsamkeiten erkennen und sich für ihre gemeinsamen Interesse organisieren, sind sie tatsächlich in der Lage Herrschaft radikal in Frage zu stellen.

Dafür bauchen wir Räume: Deshalb laden wir am 8. März ein, gemeinsam am Karlsplatz in Austausch zu kommen, gemeinsam von den unterschiedlichen Kämpfen zu lernen, auf der Suche nach kollektiven solidarischen feministischen Praxen!

Streikcafé:

Die Covid-Krise vereinzelt, sie isoliert uns, und nimmt uns viele Räume für Austausch:
Deine Arbeit hört zu Hause nicht auf? Deine Arbeitsbedingung waren immer
schon scheiße und spitzen sich unter Corona nochmal zu, obwohl du ‚systemrelevant‘ bist? Ob konkrete Feministische Streiks oder andere Kämpfe im Care Bereich – komm
vorbei und teile deine Erfahrungen und lerne von Erfahrungen anderer! Überlegen wir unsgemeinsam solidarische Antworten auf die Krise!

#NiUnaMenos #Keine Einzige Weniger:

Der Feministische Streik thematisiert patriarchale Gewalt und Feminizide! Jeden 8. des Monats treffen
sich Feminist*innen unter dem Motto „claim the space“ – am 8.März treffen wir uns um uns zur
Politisierung patriarchaler Gewalt auszutauschen. Von dort gehen wir gemeinsam zur Demo des feministischen
Kampftags und wollen alle Ermordeten* sichtbar machen!

Solidarität mit den 24-Stunden-Betreuer*innen:

Die Situation von migrantischen 24-Stunden-Betreuer*innen in Österreich ist äußerst prekär – sie pflegen oft ohne reguläre Pausen und sind stark vereinzelt. Viele von ihnen können am 8. März nicht
selbst auf die Straße gehen. Beteiligt euch an diesem Tag daran, als Unterstützer*innen ihre Forderungen
in die Öffentlichkeit zu tragen! Material und Infos dazu gibt es vor Ort!

Fem*streik in deiner Lohnarbeit:
Organisiere eine kämpferische/solidarische Mittagspause mit deinen Kolleg*innen. Mach‘ feministische
Kämpfe in deinem Betrieb zum Thema! Ein paar Ideen findest du unter: https://fstreikfreiburg.
files.wordpress.com/2019/02/8m-broschuere-streikaktionsformen.pdf

Reproduktive Arbeit bestreiken und den Feministischen Streik sichtbar machen!:

Thematisiere vergeschlechtlichte Arbeitsteilung in deiner Wohnung oder WG und mache dein Zuhause als Ort der Arbeit sichtbar. Nimm einfach ein Geschirrtuch, male einen Banner oder nimm ein lila Tuch und hänge es aus dem Fenster oder verschönere die Stadt!

Wir wollen einen solidarischen 8.März, an dem Viele und Vieles Platz hat!

Wenn ihr also Lust habt, kommt dazu: Ob Workshos, Infostände, künstlerische Interventionen, Erzählcafes, oder Aktionen – meldet euch für Koordination unter:

gegenpatriarchatundkapital@riseup.net

Der Feministsche Streik umklammert und verbindet antikapitalistische intersektionale Kämpfe gegen (hetero)sexistische, hierarchische Geschlechterverhältnisse und dem Zwang zu Binarität – mit dem Ziel alles zu verändern!

Alerta Feminsta! Auf zum Feministischen Streik!

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When feminists talk about their experiences, recognize structural commonalities and organize for their common interests, they are indeed able to radically question domination.

For this we need spaces: That’s why we invite you on March 8 to come together at Karlsplatz to exchange, to learn together from the different struggles, in search of collective solidary feminist practices!

From 2pm at the former Karlsplatz:

Strike Café
The Covid crisis isolates us and it takes away many spaces for exchange:
Your work doesn’t stop at home? Your working conditions have always be shitty
and are getting worse under Corona, even though you are ‚relevant for the system‘?
Whether it’s concrete feminist strikes or other struggles in the care sector – come
and share your experiences and learn from the experiences of others! Let’s think about
togetheranswers to the crisis together!

#NiUnaMenos
The Feminist Strike addresses patriarchal violence and feminicides! Every 8th of the month
feminists meet under the motto „claim the space“ – on March 8 we will meet to discuss the
politicization of patriarchal violence. From there we will go together to the demonstration of the feminist
Fighting Day and want to make all murdered visible!

Solidarity with the 24-hour caregivers.
The situation of migrant 24-hour-caregivers in Austria is extremely precarious – they
often work without regular breaks and are highly isolated. Many of them will not be able to go
take to the streets themselves. Participate on this day as supporters to bring their demands to the public!
Material and information is available on site!

Fem*strike in your wage work
Organize lunch break of resistance with your colleagues. Make
feminist struggles in your workplace visible! You can find some ideas at:
https://fstreikfreiburg.
files.wordpress.com/2019/02/8m-broschuere-streikaktionsformen.pdf

Strike against reproductive labor and make the feminist strike visible!

Make the gendered division of labor a subject of discussion in your (shared) apartment and make your home visible as a place of labor. Just take a tea towel, paint a banner or take a purple cloth and hang it out the window or beautify the city!

We want a 8th of March, where many and much has place!

So if you feel like it, come and join us: Whether it’s workshos, info stalls, artistic interventions, storytelling cafes, or small actions – just contact us for coordination:

gegenpatriarchatundkapital@riseup.net

The Feminist Strike embraces and connects anticapitalist intersectional struggles against (hetero)sexist, hierarchical gender relations and the compulsion to binarity – with the goal to change everything!

Alerta Feminsta! Let’s go on Feminist Strike!https://www.facebook.com/RadikaleLinke/photos/gm.177344793845259/3704510846253551/?type=3

Seit dem 22. Oktober entlädt sich die Wut gegen das vom Verfassungsgerichtshof verabschiedete Abtreibungsverbot auf den Straßen Polens unter dem Namen Strajk Kobiet (polnisch für Frauenstreik). Die Proteste richten sich gegen den Einfluss der katholischen Kirche und die Kontrolle der rechtsextremen PiS-Partei über den Verfassungsgerichthof und fordern die Aufhebung des Verbotes. Sichere Abtreibungen können momentan nur im Ausland und dort auch nur gegen Bezahlung in Anspruch genommen werden. Die Plattform Radikale Linke will daher mit dem Projekt „Solidarität mit dem Netzwerk Abortions without borders“ durch den Verkauf von Solishirts, Patches und Hauben eine finanzielle Stütze bieten. Alle Erlöse gehen an das Netzwerk „Abortions without borders“, das FLINT-Personen eine sichere Abtreibung ermöglicht.

Mehr Infos zu Abortions without borders: https://abortion.eu/

Wenn ihr Fragen zum Merch habt oder Anfragen bezüglich Spenden und Versand schreibt uns einfach: solipaket@riseup.net

Rząd nie ciąża, da się usunąć! Die Regierung ist keine Schwangerschaft, sie kann entfernt werden!


Po wyroku Trybunału Konstytucyjnego zaostrzającym prawo antyaborcyjne, który zapadł 22 października, gniew rozprzestrzenił się na ulicach Polski pod nazwą Strajk Kobiet. Protesty są skierowane przeciwko wpływom Kościoła katolickiego oraz kontroli prawicowego ekstremistycznego PiS nad Trybunałem Konstytucyjnym i domagają się zniesienia zakazu. O bezpieczną aborcję można się obecnie ubiegać tylko za granicą i jest kosztowna. Dlatego chcemy zapewnić wsparcie finansowe potrzebującym kobietom poprzez sprzedaż benefitowych koszulek, naszywek i bluz. Cały dochód trafia do organizacji „Aborcje bez granic“, która umożliwia kobietom bezpieczną aborcję i zapewnia wsparcie.

Więcej informacji na temat aborcji bez granic: https://abortion.eu/

Rząd nie ciąża, da się usunąć!

Przeciwko uciskowi!

„Die Antwort, die dieses System dem Umsturz, der ‚Umwerfung aller Verhältnisse’ (Marx) erteilt, findet sich nicht in der Wissenschaft, sondern im Strafgesetzbuch.“ (Johannes Agnoli) Am Freitag, den 28.8. wurden zwei unserer Freunde von der Polizei am Weg zu ihrer Arbeit auf offener Straße und in der U-Bahn festgenommen. Ihre Handys wurden beschlagnahmt, bei einer Person führten mit Maschinengewehren bewaffnete Spezialeinheiten eine Hausdurchsuchung durch, durchwühlten die Wohnung und nahmen Kleidungsstücke und Datenträger mit. Kurze Zeit später wurden zwei weitere Personen, eine davon direkt am Arbeitsplatz, festgenommen und zum Verhör geschleppt. Ihnen wird vorgeworfen, sich an antifaschistischen Aktionen beteiligt zu haben. Dem nicht genug, führen Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Krimineller Organisation (§278a StGB) [1]. Dieser Schnüffelparagraf gewährt den Repressionsbehörden weitgehende Kompetenzen. Wir kennen das Ausmaß der Ermittlungen bislang noch nicht, die Überwachungs- und Observationsmöglichkeiten sind aber enorm: Telefon- und Computerüberwachung, Personenobservationen, Abhören von öffentlichen und privaten Räumen, Kontrolle des Briefverkehrs, Kameraüberwachung, heimliche Durchsuchung von Räumlichkeiten, V-Leute und so weiter und so fort. Auch wenn die Kriminalisierungsversuche mit diesem Paragrafen in den letzten Jahren immer scheiterten oder es nicht einmal zu einer Anklageerhebung kam, zielen die Ermittlungen auf etwas anderes als Verurteilungen ab: Im großangelegten Stile werden Persönlichkeitsprofile erstellt, Zusammenhänge, Projekte, Verbindungen, Gruppenstrukturen und Freundeskreise ausgespäht und deren politische Gesinnung durchleuchtet und registriert. Staat, Justiz und Polizei geht es dabei um Einschüchterung von Aktivist*innen und um die Schwächung der antifaschistischen Bewegung. Die aktuellen Ermittlungen sind hierbei nur der vorläufige Höhepunkt einer Reihe von Kriminalisierungsversuchen: Erst im August scheiterte der Versuch von Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft vor Gericht, 14 Antifaschist*innen mit hohen Strafen zu belegen, weil sie einen Infostand der neofaschistischen „Identitären“ abschirmten [2]. Umfassende Ermittlungen laufen derzeit auch gegen Antifaschist*innen, die sich vor wenigen Wochen in Wien-Favoriten „Grauen Wölfen“ und Islamisten entgegenstellten, als diese über Tage hinweg linke Strukturen und Menschen angriffen [3]. Auch der Prozess gegen jene Aktivist*innen, die gegen die Waffenlieferungen von Rheinmetall an den türkischen Staat protestierten, steht noch an [4]. Und auch in Deutschland, von Stuttgart bis Hamburg, sind aktuell Genoss*innen mit staatlicher Repression konfrontiert, einige werden in Knästen in Gefangenschaft gehalten. Deshalb werden wir am Donnerstag, den 24. September auf die Straße gehen, denn getroffen hat es einige, aber gemeint sind wir alle! Der staatlichen Repression setzen wir unsere unteilbare Solidarität entgegen!

In offener Feindschaft mit dem Bestehenden!

Dass der Staat und seine Polizei gegen linke emanzipatorische Bewegungen vorgehen, die sich ihre politische Praxis nicht von der Straßenverkehrsordnung vorschreiben lassen, ist weder eine neue Erkenntnis noch ein großer Skandal. Vielmehr ist es genau dieser repressive Charakter der Staatsapparate, gegen den sich unser Kampf für ein Leben ohne Herrschaft, Unterdrückung und Ausbeutung richtet. Und dieser Kampf bedeutet die offene Feindschaft mit den bestehenden Verhältnissen und seinen Institutionen, die jeden Tag aufs neue unzähliges Leid und Elend hervorbringen. Dass Antifaschist*innen in den Fokus der Ermittlungsbehörden geraten, ist dabei auch keine große Überraschung. Die Sympathien großer Teile der Exekutive mit der extremen Rechten sind hinlänglich belegt und liegen im Charakter der Behörde selbst begründet. Als „Arm des Gesetzes“, staatliche Wehrsportgruppe und Blaulicht-Bevollmächtigte ist die Polizei eine Institution, die autoritäre Charaktere anzieht wie das Licht die Motten. In ihr können sie ihre Bedürfnisse ungehemmt ausleben, bietet sie doch durch strenge Hierarchien, Prinzipien wie Gehorsam und Unterordnung sowie durch ihren traditionellen Corpsgeist alles, was das autoritäre Herz begehrt. Während die Faschist*innen an der Zuspitzung der jetzt schon unmenschlichen Verhältnisse arbeiten, streben wir als radikale Linke nichts weniger als die Abschaffung jener Zustände an, in denen der Mensch „ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“. Und genau wegen dieses Anspruchs ist aus Sicht der Repressionsorgane klar, wer die Störenfriede sind. Denn in Österreich zählt nichts mehr als der heilige soziale Frieden. Gesellschaftliche und soziale Konflikte werden von Oben autoritär durch Staat, Parteien und Sozialpartnerschaft befriedet, von Unten verschaffen sich die Ohnmachtserfahrungen, die innerhalb der kapitalistischen Konkurrenz gesammelt werden, als rassistische und antisemitische Ressentiments Luft. Nichts, schon gar kein „Krawall“, darf der Harmonie des österreichischen Zwangskollektivs im Wege stehen und umso vehementer reagiert die Obrigkeit auf jeden noch so verhaltenen Versuch, den sozialen Widersprüchen auf der Straße Ausdruck zu verleihen. Und je mehr die scheinhafte harmonische Idylle durch Krisen ins Wanken gerät, desto mehr rüstet der Staat seine Polizei auf. In den Institutionen scheint die autoritäre Wende schon längst vollzogen: Der Ausbau von Gesichtserkennungssoftware, Datenerfassung und Überwachung, das autoritäre Grenzregime, die Verhängung des Not- und Ausnahmezustands, die drastische Einschränkung von bürgerlichen Freiheitsrechten, der Aufstieg von autoritär-rechtsextremen und rassistischen Parteien – das alles steht nicht unvermittelt nebeneinander. Es verweist auf einem gemeinsamen Problemhorizont: Die gegenwärtige Krise des globalen Kapitalismus und seiner Institutionen.

Solidarität ist eine Waffe!

Doch nicht nur Antifaschist*innen geraten aufgrund ihres politischen Engagements in den Fokus der Repressionsbehörden, auch in allen anderen Lebensbereichen sind viele Menschen mit Repression konfrontiert. Repression hat dabei nicht nur das Ziel, nonkonformes Verhalten in die Schranken zu weisen. Vor allem geht es der Polizei als Institution darum, die bestehenden Eigentumsverhältnisse zu zementieren und Menschen in prekäre Arbeitsverhältnisse zu drängen. Dementsprechend sitzt ein großer Teil der Gefangenen wegen Eigentumsdelikten in den Knästen. In der Polizei und ihrem Vorgehen spiegeln sich auch alle anderen Herrschaftsverhältnisse der kapitalistischen Gesellschaft wider. Institutioneller Rassismus führt beispielsweise zu gewaltsamen Abschiebungen, zu schikanösen Kontrollen und Polizeigewalt, die immer wieder auch tödlich enden kann. Die repressiven Maßnahmen des Staates wirken sich in vielerlei Hinsicht auch auf unser Verhalten aus. Ständige Einschüchterungsversuche sollen verdeutlichen, dass der Staat quasi jederzeit bereit ist, gegen Einzelne vorzugehen. Bei künftigen Aktionen oder in unseren Debatten soll allen Beteiligten klar sein, dass politisches Engagement jederzeit Konsequenzen haben kann. Durch Observierungen, brutale Bulleneinsätze auf Demonstrationen, Festnahmen, Videoüberwachung, Einschleusung von verdeckten Ermittler*innen, Vorkontrollen bei Demos, Anwerbeversuchen und Hausdurchsuchungen sollen Aktivist*innen eingeschüchtert werden. Dabei ist es oft irrelevant, ob der*die Einzelne tatsächlich an Aktionen beteiligt war. Es reicht, sich in räumlicher Nähe zu einer Aktion aufzuhalten oder mit den „falschen“ Leuten befreundet zu sein, um in den Fokus der Behörden zu gelangen. Repression ist somit auch immer der Versuch, Strukturen zu zerschlagen oder aufzureiben. Sie zielt neben den direkten Folgen auch auf Verunsicherung und Vereinzelung ab. Nicht nur, dass politische Verfahren viel Geld und Arbeit kosten, sie sind auch emotional eine große Belastung für alle Betroffenen. Repression hat somit auch immer zum Ziel, uns politisch zu lähmen und unsere politische Praxis einzuschränken. Gerade weil Repressionsschläge so willkürlich sind, kann es alle jederzeit treffen. Es liegt an uns, diese gemeinsam durchzustehen. Entschlossene antifaschistische Aktionen waren stets ein probates Mittel zur Bekämpfung rechter Strukturen. Welche Mittel dabei wann legitim sind, lassen wir uns nicht vom Staat diktieren. Daran werden wir auch in Zukunft anknüpfen und uns dabei nicht einschüchtern lassen. In diesem Sinne: Die Repression lauert überall, wir auch!


[1] https://rotehilfe.wien/repression-gegen-antifaschistische-strukturen-eine-erste-uebersicht/

[2] https://rotehilfe.wien/skandaloeses-verfahren-gegen-antifaschistinnen-14-freisprueche/

[3] https://rotehilfe.wien/spendenaufruf-solidaritaet-in-favoriten/

[4] https://rotehilfe.wien/spendenaufruf-causa-rheinmetall/

Unterstützer*innen:

Plattform Radikale Linke, autonome antifa [w], Migrantifa Wien, Anarchist Black Cross (Wien), Ernst Kirchweger Haus, Rechtsinfokollektiv, ÖH Uni Wien, ATIGF (Föderation der Arbeiter und Jugendlichen aus der Türkei in Österreich), LILA-ROT KOLLEKTIVE, Komintern, Antifa Wien West, …umsGanze! – Kommunistisches Bündnis, VTID, LINKS

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DAS PROBLEM HEISST MÄNNERGEWALT
Si tocan a una, respondemos todxs!

Samstag, 04.07, 13:30
ORF Radiokulturhaus, Argentinierstraße 30a
Open for all genders!

Der Endpunkt der Demo wird beim EKH Straßenfest am Keplerplatz sein!

https://facebook.com/events/s/demo-das-problem-hei%C3%9Ft-mannerg/196135855109705/?ti=cl

Aufgrund aktueller Ereignisse rufen wir zur feministischen Demo gegen Männergewalt auf! Allein in Österreich wurden innerhalb der letzten Wochen mehrere Frauen* von ihren Partnern ermordet und eine feministische Kundgebung in Wien von Faschos angegriffen. Zudem spitzt sich die Situation weltweit für Feministinnen und FLINT weiter zu!

Männergewalt wird medial verharmlost, die Schuld den Opfern selbst zugeschoben oder die Gewalt als „Familienstreit“ oder individuelles „Beziehungsdrama“abgetan.

Es muss darum gehen, für eine Gesellschaft einzutreten, in der Männergewalt ein Ende hat, in der alle Menschen ohne Angst verschieden sein können. Wir wollen ein Ende der gesamten geschlechtsspezifischen Gewalt, sei es im öffentlichen Raum wie hinter verschlossenen Türen in Wohnungen und öffentlichen Institutionen. Dabei können wir uns weder auf den Staat noch auf die Polizei verlassen, da diese die patriarchalen Verhältnisse stützen und aufrecht erhalten. Wir müssen gegen das Patriarchat, gegen Antifeminismus UND gegen Rassismus und Nationalismus kämpfen. Für eine solidarische Gesellschaft! Das Problem heißt Männergewalt! Unser Feminismus bleibt antikapitalistisch und antirassistisch!

Kommen und weiterleiten! ALERTA FEMINISTA!
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THE PROBLEM IS CALLED MALE VIOLENCE
Si tocan a una, respondemos todxs!

Saturday, 04.07, 13:30
ORF Radio Culture House, Argentinierstraße 30a
Open for all genders!

The end point of the demo will be at the EKH street festival at Keplerplatz!

https://facebook.com/events/s/demo-das-problem-hei%C3%9Ft-mannerg/196135855109705/?ti=cl

Due to current events we call for a feminist demonstration against male violence! In Austria alone, several women* have been murdered by their partners within the last weeks and a feminist rally in Vienna was attacked by fascists. In addition, the situation for feminists and FLINT is getting worse worldwide!

Male violence is played down in the media, blamed on the victims themselves or dismissed as a „family dispute“ or individual „relationship drama“.

We must stand up for a society in which male violence comes to an end, in which all people can be different without fear. We want an end to all gender-based violence, whether in public spaces or behind closed doors in homes and public institutions. We cannot rely on the state or the police, who support and maintain patriarchal conditions. We must fight against patriarchy, against anti-feminism AND against racism and nationalism. For a society of solidarity! The problem is called male violence! Our feminism remains anticapitalist and anti-racist!

Come and forward! ALERTA FEMINISTA!

Die Aktion „Solidaritäts-Pakete für Rojava“ der Plattform Radikale Linke bedankt sich bei allen, die unsere Pakete bestellt haben und somit den Kurdischen Roten Halbmond unterstützen. Die Soli-Pakete werden die nächsten Wochen bei euch eintreffen. Danke an alle Aktivist*innen, die dieses Projekt unterstützen und einen herzlichen Dank an Bahoe-Books, Cafe Gagarin, edition assemblage und Black Mosquito, die unser Projekt mit Sachspenden unterstützt haben.

Wenn ihr ab jetzt noch ein T-Shirt mit unserem Motiv bestellen wollt und den Kurdischen Roten Halbmond damit unterstützen wollt, könnt ihr das nun direkt über den Black Mosquito Versand machen: https://black-mosquito.org/de/smash-fascism-and-the-patriarchy-rojava-soli-t-shirt.html

Den Song aus dem Video könnt ihr euch in voller Länger hier holen:
https://absoluth.bandcamp.com/track/impur-tay-rojava-kendal-mani-mar-a-rojava-mashup

Beim Kauf des Songs unterstützt ihr ebenfalls direkt den Kurdischen Roten Halbmond

!! BIJI BERXWEDANA ROJAVA !!

euer SoliPaket-Team


Weitere Informationen zur medizinischen Situation in Rojava findet ihr hier:

https://www.medico.de/blog/corona-im-kriegszustand-17704/
https://rojavainformationcenter.com/2020/03/coronavirus-crisis-in-north-east-syria-in-numbers/
https://www.heyvasor.com/en/

Filmempfehlung: Commander Arian. A Story of Women, War and Freedom: https://vimeo.com/330853056

Die Gewerkschaften GPAdjp und vida haben mitten in der Corona-Krise einen mauen Deal mit den Arbeitgeber_innen gemacht und den Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich abgeschlossen. Die Streikbewegung für die 35-Stunden Woche, die weit über ihre Branche hinaus strahlte wird durch eine dreijährige Laufzeit des KV massiv eingeschränkt.
Vier Genoss_innen haben die Geschichte der Bewegung und den Abschluss Revue passieren lassen und sich Gedanken über die Gründe für diesen Abschluss gemacht: Patriarchat, Kapitalismus und die Sozialpartnerschaftliche Gewerkschaft. Und darüber, was wir als kämpferische Kolleg_innen im Sozialbereich jetzt tun sollten.


Eine Einschätzung – 2. April 2020

Am Morgen des 1. Aprils wurde der Abschluss des Kollektivvertrags im privaten Sozial- und Pflegebereich, der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ), verkündet. Dieser Kollektivvertrag gilt für rund 125.000 Beschäftigte.

Der Abschluss des Kollektivvertrags – Verkündung
Die am Verhandlungstisch gesessenen Verhandler_innen der Gewerkschaften GPAdjp und vida versuchen das Ergebnis als großen Erfolg, ja gar als historischen Moment, zu verkaufen. Mindestens genauso glücklich mit dem Ergebnis gibt sich die Arbeitgeber_innenseite.

In den sozialen Medien hingegen brodelt es: „Verrat“, „Gewerkschaft fällt um“, „miserabler Abschluss“, heißt es da.

Sozialbereich: Eine Streikbewegung von unten
Seit Jänner ist rund um die Kollektivvertragsverhandlungen im SWÖ eine beachtliche Bewegung entstanden. In vielen Betrieben wurde gestreikt, in einigen sogar an mehreren Tagen. Die Streikbewegung hatte ihre Vorläufer um die KV-Verhandlungen der letzten beiden Jahre: Während die Warnstreiks 2018 noch von der albernen Suggestiv-Frage „Kann im Sozial- und Pflegebereich überhaupt gestreikt werden?“ medial begleitet wurde, stellte diese 2020 niemand mehr.

Die zentrale Forderung ist: Eine Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden. Sowohl im SWÖ-KV als auch in den kleineren Schwester-Kollektivverträgen von Caritas und Diakonie wurde dies von den Gewerkschaften GPA-djp und vida als einzige Forderung in die Verhandlungen getragen.
Derzeit gelten in dem Bereich 38-Stunden als Vollzeit. Über 70 % der Kolleg_innen arbeiten weniger als 35 Stunden und wie in der bezahlten Sorgearbeit üblich sind der Großteil der Beschäftigten Frauen. Die Gehälter liegen 17-18% unter dem österreichischen Durchschnitt.
Die Motivation für die Kämpfe um die Arbeitszeitverkürzung liegt nicht nur im Gewinn zusätzlicher Lebenszeit, sondern vor allem in der Lohnerhöhung, die durch eine „kurze Vollzeit“ entstanden wäre – eine Arbeitszeitverkürzung um 3 Stunden würde für die Teilzeit-Mehrheit ein Lohnplus von 8,6 % bringen. Bis zum Näherrücken der Corona-Pandemie hatte die Bewegung eine breite und wohlgesonnene Öffentlichkeit in den Medien.

Im SWÖ werden die Verhandlungen von den Gewerkschaften GPAdjp und vida geführt, Beschlüsse in einem Kreis ausgewählter Betriebsrät_innen abgestimmt – wer zu diesem Kreis gehört richtet sich zwar irgendwie auch nach Organisierungsgrad und Größe der Betriebe, ist aber weitgehend undurchsichtig. Die Streiks hingegen wurden vor allem von unten, auf Betriebsebene organisiert. Die Streikbewegung umfasste zwar nur eine Minderheit der Betriebe in der Branche, jedoch war eine von Streiktag zu Streiktag eine Ausweitung zu beobachten. Die für 10.3. angesetzte Demonstration fiel schließlich dem neu erlassenen Versammlungsverbot der Regierung anlässlich der Ausbreitung von Covid-19 zum Opfer.

Der Abschluss – Was ist da eigentlich passiert?
Mit den weiteren Maßnahmen der Regierung wurde auch die KV-Verhandlung Ende März ausgesetzt, die Verschiebung aufrechter Streikbeschlüsse folgte. Angekündigt wurde ein Aussetzen bis nach Ende der Corona-Krise.
Umso überraschender die Nachricht vom 29.03.: Auf Initiative der Verhandlungsspitze würde das Verhandlungsteam im SWÖ über ein Angebot der Arbeitgeber_innen per Email abstimmen. Am 01.04. dann das Ergebnis:
⁃ ein Dreijahresabschluss mit Erhöhungen von 2,7% für 2020
⁃ nächstes Jahr eine Erhöhung um die Anpassung an den Verbraucherpreisindex (VPI) + 0,6%.
⁃ 2022 dann eine Arbeitszeitverkürzung auf 37 Stunden, ohne Inflationsabgeltung oder Lohnerhöhung.
⁃ Als eine Form der Gegenfinanzierung wird der Mehrarbeitszuschlag von 50% auf 33% gekürzt.

Für die meisten Beschäftigten ist dieser Abschluss und das Vorgehen der Gewerkschaften eine große Enttäuschung und nicht nachvollziehbar. Die Frage, für was es Gewerkschaften denn überhaupt braucht, wenn nicht um die gemeinsamen Interessen der Arbeitnehmer_innen durchzusetzen, liegt einmal mehr offen auf dem Tisch.

Gewerkschaften im Kapitalismus
Gewerkschaften braucht es dort, wo Profitwachstum das Ziel ist: Im Kapitalismus. Da gilt das eiserne Gesetz: Je billiger Arbeit zu haben ist, desto besser. Am deutlichsten wird das in der Sorgearbeit, die notwendig ist, um zu überleben: Der allergrößte Teil der Arbeit zur (Wieder)herstellung der arbeitenden Bevölkerung, von der Geburt bis zur Altenpflege, findet im „Privaten“, in den Haushalten statt, und wird gar nicht bezahlt. Das ist in Österreich mehr als die Hälfte der gesellschaftlichen Gesamtarbeit, sie wird zum allergrößten Teil auf Frauen abgewälzt.

Aber auch in bezahlten Bereichen geht es regelmäßig so weit, dass Arbeiter_innen von ihrem Einkommen nicht mehr leben können oder dabei langfristig so ausgenutzt werden, dass sie krank und kaputt werden. Die einzige Form, sich innerhalb dieses Systems dagegen zu wehren, wurde bald gefunden: Zusammentun! Wenn du dich als einzelne Arbeiter_in über die Bedingungen beschwerst, kannst du wenig verändern – der Chef sitzt am längeren Hebel und kann dich ersetzen. Aber gemeinsam mit anderen, bist du stark. Die Bildung von Gewerkschaften ist ein Ergebnis dieser Erfahrung. Im Arbeitskampf gibt es viele Mittel. Das stärkste ist der Streik: Allein kann der Chef die Arbeit nicht machen, nichts setzt ihn daher so unter Druck wie die kollektive Arbeitsverweigerung.
Klassische Gewerkschaftsarbeit setzt daher auch auf diese Mittel: Die Organisierung von Kolleg_innen in Betrieben und Branchen wird unterstützt, Forderungen gefunden, Kampagnen geplant, Druck aufgebaut, notfalls gestreikt und dann kollektive Vereinbarungen gemacht.

Gewerkschaften in Österreich
In Österreich hingegen ist das zentrale Prinzip der Gewerkschaften die „Sozialpartnerschaft“. Die ÖGB-Gewerkschaften, wurden nach dem 2.Weltkrieg zentral gegründet und setzten seit Anfang auf dieses Prinzip. „Sozialpartnerschaft“ heißt: Die Arbeitsbedingungen, werden durch Kollektivverträge branchenweise geregelt und zwischen Arbeitgeber_innen und Arbeitnehmer_innenvertretungen „partnerschaftlich“ ausgehandelt. Dabei ist doch eigentlich klar: Zwischen Arbeitgeber_innen („Arbeitskräfte, nur solange sie gebraucht werden und möglichst billig“) und Arbeitnehmer_innen („Gutes, abgesichertes Leben“) gibt es einen klaren Interessensgegensatz. Da kann es keine Partnerschaft geben.

Die Macht der sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaft
Auch die „Sozialpartnerschaft“ ist also – ob es ihre Vertreter_innen wissen oder nicht – keine Partnerschaft, sondern ein Machtkampf. Wenn diese ungleichen Partner an einen Tisch kommen, bringen die einen alles mit, was in dieser Gesellschaft zählt: Geld, Produktionsmittel und Arbeitsplätze auf die Menschen angewiesen sind. 
Die Gewerkschaften, die im Sinne der Partnerschaft auf die Durchsetzung ihrer Interessen im offenen Arbeitskampf verzichten, haben nur noch eine Sache anzubieten, an der die Gegenseite interessiert ist: Die Befriedung ihrer Beschäftigten. Die Arbeitgeber_innen haben vor wenig mehr Angst, als vor Arbeitskämpfen in ihren Betrieben. Wenn die Gewerkschaften unterstützend dafür sorgen, dass die Beschäftigten auf keine dummen Ideen kommen, haben sie in den Verhandlungen den Arbeitgeber_innen etwas anzubieten. Das ist der Gehalt der Macht, die eine sozialpartnerschaftliche Gewerkschaft an den Tisch bringt: Das Versprechen, Arbeitskämpfe zu verhindern. Das ist das Versprechen, das in die Waagschale geworfen wird, wenn eine Gewerkschaft des ÖGB einen Kollektivvertrag abschließt.

Sie haben es wieder getan: Nach 3 Jahren sich radikalisierender Arbeitskämpfe um die Kollektivverträge im Sozialbereich haben sie mit dem Dreijahresabschluss den Arbeitgeber_innen versprochen, was diese wollten: Dass das bis 2022 nicht mehr passieren wird – und ihnen damit per E-Mail eine Stunde Arbeitszeitverkürzung und moderate Gehaltsabschlüsse für 2020 und 2021 abgekauft.
Inhalt und Zeitpunkt sprechen Bände darüber, dass die Gewerkschaft selbst Angst vor von ihnen nicht mehr kontrollierbaren Dynamiken der Streikbewegung hatte: Sie haben den Deal, den sie am 2.3. nicht gewagt haben, ein knappes Monat später unterschrieben. Und damit einen Moment genutzt, in dem das Versammlungsrecht ausgesetzt ist und ihre Mitglieder sich entweder knapp vorm Corona-Burnout, in Kurzarbeit oder im Home-Office befinden. Nun werden aus dem Home-Office der Sekretär_innen per Mail Beschwerden beschwichtigt.

Was bleibt?
1) Wir müssen gemeinsam mit der Enttäuschung umgehen
Die drängendste Aufgabe für uns als Beschäftigte, ist nun der Umgang mit der Enttäuschung. Wir haben einen Kampf geführt, dessen Erfolge in keinem Verhältnis zum Aufwand stehen. Enttäuschung und Wut sind angebrachte Gefühle. Aus Enttäuschung und Wut können aber sehr unterschiedliche Schlüsse gezogen werden: Wenn wir jetzt denken: „Kämpfen bringt nichts“, ist das fatal. Es könnte uns auf lange Zeit lähmen und birgt besondere Gefahren, da mit der beginnenden ökonomischen Krise auch Abwehrkämpfe geführt werden müssen. Führen wir die Diskussion über die gemachten Erfahrungen so breit und offen wie möglich.

2) Schließen wir an erreichte Organisierung an
Das Niveau an Selbstorganisation, dass in der Streikbewegung erreicht wurde ist beachtlich. Die Kämpfe hat nicht die Gewerkschaft organisiert. In jedem Betrieb, in dem gestreikt wurde, wurden konnten sich Kolleg_innen beteiligen und wurden Strukturen geschaffen – formell, etwa in Form von Streikkomitees oder informell in den Teams und Belegschaften. Diese Strukturen müssen jetzt – so dringend wie nie – gefestigt werden, um für die nächsten Kämpfe bereit zu sein.

3) Finden wir neue Kampffelder
Die nächsten KV-Verhandlungen im SWÖ sind 2022. Wir dürfen diese von Arbeitgeber_innen und Gewerkschaft gewollte „Friedenspflicht“ nicht einhalten. Wir können uns für betriebliche und überbetrieblich koordinierte Kämpfe zusammenfinden und müssen nach Feldern suchen, in denen wir die gewonnenen Erfahrungen nutzbar machen können.

4) Die Perspektive bleibt revolutionär
Solange wir in diesem System feststecken, werden Arbeitskämpfe mühsam und dauerhaft sein. Wir kämpfen nicht um des Kämpfens Willen. Die Bedingungen, unter denen wir leiden haben Namen: Patriarchat und Kapitalismus. Wir müssen begreifen, dass diese Gesellschaft nur funktioniert, weil wir die Arbeit machen. Wir haben damit auch die Macht, sie zu verändern. Kämpfen wir auch jenseits von Verbesserungen unserer konkreten Arbeitsbedingungen für eine Gesellschaft, in der wir für unser aller Bedürfnisse arbeiten.

Anarchistisches Radio, Sendung vom 29.3.2020

– Eine Radiosendung, gestaltet von der AG feministischer Streik der Plattform Radikale Linke

Die Sendung wirft einen Blick auf gesellschaftliche Arbeitsteilung in Zeiten der Corona-Krise aus feministischer Perspektive. Anhand von Schlagwörtern wie „Systemrelevanz“, „Home-Office“ und „Risikogruppe“ geht es in dem Beitrag um Formen von Arbeit, die genauso relevant wie unterbezahlt und abgewertet sind. Es geht außerdem um notwendige soziale Tätigkeiten, die nun zurück ins vermeintlich Private und damit meist in die Hände von Frauen* verlegt werden und um häusliche Gewalt in Zeiten der Ausgangsbeschränkungen. Mit Interviews zur Situation von Alleinerziehenden, Pflege-Arbeiterinnen* und Arbeiterinnen* in der 24h-Betreuung werden proletarische Perspektiven auf die Corona-Pandemie vorgestellt.

Der Beitrag nimmt auch immer wieder Bezug den Blog Solidarisch gegen Corona u.a. auf die Artikel: „Unglücklich das Land, das Heldinnen nötig hat„, „Das Corona-Regime und der Kampf um Arbeiterkontrolle

 

Hier dokumentiert vom Youtube-Kanal der Translib_Leipzig:

Der halbierte Blick – Kapitalismus und Geschlechterverhältnis. Eine Diskussion in Wien  (https://www.youtube.com/watch?v=r1sOq5VAKVs)

Mitschnitt einer Veranstaltung mit Kat Lux, Johannes Hauer und der Plattform Radikale Linke Wien am 7. Juni 2019.

Teil 1: Textvorstellung: Zu Beginn stellen die beiden AutorInnen ihren Text „Der halbierte Blick“ vor, der eine feministische Replik auf den Text „Der kommende Aufprall“ der Frankfurter Gruppe „Antifa Kritik und Klassenkampf“ ist. Klassenpolitik sollte Feminismus, den Kampf gegen die patriarchale Geschlechterordnung, nicht für zweitrangig erklären, sondern immer konsequent mitdenken – so ein häufiges Lippenbekenntnis. Doch was heißt das eigentlich genau? Zu oft wurden feministische Interessen der Forderung nach revolutionärer Einheit hintangestellt – teilweise auch entgegen den eigenen Absichten, als notwendige Konsequenz eines „halbierten Blicks“, so die These.

Teil 2: Interview / Textgespräch: Anschließend folgt ein ausführliches, teils kontroverses Gespräch der GastgeberInnen mit den AutorInnen. Dabei geht es u.a. um das Verhältnis von Queerfeminismus und Materialismus, fehlende Rassismuskritik im Text, sowie aktuelle politische Strategien im Feminismus, insebsondere den Frauenstreik / feministischen Streik.

Teil 3: Offene Diskussion mit dem Publikum. Diesen Teil veröffentlichen wir nicht, da wir keine Autorisierung eingeholt haben. Es ging um Themen wie: – der Totalitätsbegriff, die materialistische Forschungsmethode und unser Verhältnis zur Dual System Theory von u.a. Heidi Harmann. – Warum sind Stratgie- und Organisationsdebatten überhaupt interessant? An welche Traditionen knüpft der Organisationsvorschlag der Antifa Kritik und Klassenkampf an? – Zu den Begriffen feministischer Streik / Frauenstreik / Carestreik, welche Aspekte werden damit begrifflich jeweils fokussiert, welche fallen runter. – Wie können im Krankenhaus politische Allianzen zwischen PatientInnen / Angehörigen und ArbeiterInnen geknüpft werden.

In der Diskussion beziehen wir uns auf Literatur, die wir hier nochmal zusammengestellt haben:

1. Die beiden Ausgangstexte „Der kommende Aufprall“: http://akkffm.blogsport.de/images/Der… und „Der halbierte Blick“: https://translibleipzig.wordpress.com…

2. Hier gibt es den empfehlenswerten Reader „Revolutionary Feminism“, aus dem wir viele Anregungen haben: https://communistresearchcluster.word…

3. Die Rede von Helke Sander vor dem SDS vom 13.September 1968 gibt es hier: https://www.1000dokumente.de/index.ht… Siehe dazu auch die Beiträge von Barbara Schnalzger und Maria-Elisabeth Neuhauss in der Outside the Box #5: https://www.outside-mag.de/issues/7/p… https://www.outside-mag.de/issues/7/p…

4.Die hervorragende Broschüre von Andrea Trumann und Karl Rauschenbach zu 1968 gibt es hier zu bestellen: http://thugmag.blogsport.de/2018/11/1…

5. Texte aus den 1970ern, die Marx und Freud für eine proto-queere Kritik von Patriarchat und Zweigeschlechtlichkeit verwenden: Shulamith Firestone: Frauenbefreiung und sexuelle Revolution; Gayle Rubin, The Traffic in Women: https://summermeetings2013.files.word…

6. Wir haben uns auf Texte von Karl Marx und Friedrich Engels bezogen, vor allem auf „Die deutsche Ideologie“ (1845) und „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“ (1884), die gibts online auf mlwerke.de.

7. Vortrag von Dennis Schnittler: Negrophobie: Grundsätzliches zum Rassismus gegen Schwarze Menschen. https://www.youtube.com/watch?v=XgrWl…

8. Zur Frauenstreik-Diskussion: Eine Kurzversion des Textes der Hamburger Genossinnen zum Frauenstreik ist im Februar 2020 in der Zeitung Analyse & Kritik Nr. 657 erschienen: Selina Arthur, Malin Ford und Franziska Trillian: »Wir wollen den Alltag politisch verhandeln«. Der Frauen*streik ebnet neue Wege, um aus der Logik des politischen Aktivismus auszubrechen. Die Kritik am Frauenstreik von der US-Gewerkschafterin Marianne Garneau gibt es hier: https://organizing.work/2019/03/the-w…

Garneau bezieht sich auf das einflussreiche Buch Feminismus für die 99% von den linken Profs Nancy Fraser, Tihti Bhattacharya und Cinzia Arruzza, das inzwischen auch auf Deutsch vorliegt, einen Auszug gibt es hier: https://www.zeitschrift-luxemburg.de/…

Weitere lesenswerte Texte zu einzelnen Themen der Diskussion:

9. Metoo & Machtverhältnisse im Kapitalismus: Madeline Lane McKinley: #MeToo from Below, unter https://communemag.com/metoo-from-below/

10. Kritik an Männlichkeit im sozialen Nahbereich: Lore Chevner: Der konkrete Mann, in OTB#5: https://www.outside-mag.de/issues/7/p…

11. Zur „Kölner Silvesternacht“: Mélusine: Das Dilemma von Köln, in OTB#7: https://www.outside-mag.de/issues/9/p…

12. Zur psychoanalytischen Kritik des patriarchalen Geschlechterverhältnisses sehr erhellend: Jessica Benjamin, Fesseln der Liebe

Am 6.2.2020 fand in Wien die Veranstaltung „Trans_in‘_anticapitalist_feminism – Moderiertes Gespräch mit Zoe* Chamonix“ statt – veranstaltet von der AG feministischer Streik der Plattform Radikale Linke. Das Anarchistische Radio hat Teile des Mittschnitts kombiniert mit Musik zu einem spannenden Radiobeitrag verarbeitet:

Anarchistisches Radio, Sendung vom 16.2.2020: “Antikapitalistische, transfeministische Positionen in feministischen Kämpfen”

In der Sendung hören wir Ausschnitte aus der Veranstaltung zu “Antikapitalistischen transfeministischen Positionen in feministischen Kämpfen” am 6.2. in Wien mit Zoe* Chamonix.

Aus der Veranstaltungsbeschreibung: “Trans*feminine Personen stehen im Fokus der Gewalt und Ausbeutung der gegenwärtigen patriarchalen und kapitalistischen Gesellschaft. (…) Nicht zufällig waren trans*feminine Personen, insbesondere of Color, zentrale Akteuer*innen antikapitalistischer queerer Politiken. Nicht ohne Grund en“Trans_in‘_anticapitalist_feminism – ModeriAnarschistischeertes Gespräch mit Zoe* Chamonix“ twickelten trans*feminine Personen in den vergangenen Jahrzehnten solidarische Care Praktiken und Politiken. Entsprechend ist auch die Kritik patriarchal-kapitalistischer Verhältnisse im Fokus zahlreicher transfeministischer Aktivistinnen und Theoretiker*innen. Gleichzeitig finden sich trans*feministische Analysen und Positionen noch immer sehr selten in feministischen linksradikalen Zusammenhängen. Der Status von trans*feminen Personen in vielen dieser Gruppen bleibt prekär und marginal. Ihre Erfahrungen, gesellschaftliche Positionen und Kämpfe finden hier oftmals nur randständige Betrachtung und bleiben untheoretisiert.”

 

 

Von Ende Januar bis Mitte Februar wollen wir im Rahmen von 4 Veranstaltungen auf verschiedene Aspekte zu f*Streiks eingehen, miteinander spazieren, diskutieren und ins Gespräch kommen.

Losgehen wird das Programm am 30.01. mit einem Einführungsworkshop zum Thema „Feministische Ökonomiekritik als Grundlage von F*streiks“ mit fe|ory.

Weiter gehts am 06.02. mit einem Gespräch mit Zoe* Chamonix zu „Antikapitalistischen transfeministischen Positionen in feministischen Kämpfen“.

Gleich 2 Tage später, dem 8.2. findet ein Stadtspaziergang mit Petra Unger zu Arbeiterinnen- und Frauen*Bewegungen in Mariahilf statt.

Und zum Abschluss der Veranstaltungsreihe gibts am 14.2. eine Diskussionsveranstaltung zu Perspektiven auf 8M 2020 in Wien mit mehreren Personen aus verschiedenen feministischen Kontexten!

Wir freuen uns auf euch und viele spannende Gespräche und Diskussionen!

Was ist dein Streik? What‘s your strike?
Diskussion zu Perspektiven auf 8M in Wien

▪️ Kinderbetreuung vor Ort
▪️ If you need translation you can contact us via: gegenpatriarchatundkapital@riseup.net and we will try to organise whisper translation!

Diskussion mit:
▪️ Käthe Knittler
▪️ Zwei lokale Frauenstreikkommittees in Spanien (Organisiert im 8M Huelga Feminista Comission Network)
▪️ Plattform Radikale Linke
▪️ und weiteren (werden laufend aktualisiert)

Wenn wir streiken, steht die Welt still! – Unter diesem Slogan vereinen sich aktuell weltweit feministische Kämpfe gegen verschiedene Ausformungen von Ausbeutung und Unterdrückung und Gewalt gegen Frauen* in einer patriarchalen und kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Davon ausgehend wollen wir, im Vorfeld des diesjährigen 8. März, mit euch gemeinsam diskutieren, was dieser Slogan bedeuten kann, welches Potential diese aktuellen Protestbewegungen, insbesondere in Lateinamerika, Spanien, der Schweiz und Polen, entfalten können und wie daran anknüpfend eine Perspektive für einen feministischen Streik in Wien und darüber hinaus entwickelt werden kann.

Dabei tun sich zahlreiche Fragen auf:
Wie kann so ein Streik aussehen? Wer kann überhaupt streiken und wie ist ein solidarischer Streik möglich? Welche Herausforderungen ergeben sich, wenn reproduktive Arbeit bestreikt wird? Sind die existierenden Proteste und Streiks, die überall auf der Welt stattfinden, antikapitalistisch bzw. wollen und können sie es werden? Wie sehen bereits stattfindende feministische Streiks aus und was sind die Herausforderungen in der gemeinsamen Organisierung?

Diese und noch viele weitere Fragen wollen wir bei dieser Veranstaltung behandeln. Beginnen werden wir mit kurzen Inputs der Personen am Podium. Im Anschluss sollen Diskussionen in Kleingruppen stattfinden, die dann Fragen oder Diskussionsbeiträge in der gesamten Runde einbringen können.

Wir freuen uns sehr auf euch und einen spannenden Abend!

Viva la lucha feminista!
Wenn wir streiken steht die Welt still!
Gegen Patriarchat und Kapital!

Stadtspaziergang zu den Spuren der Arbeiterinnen und Frauen*Bewegungen in Mariahilf mit Petra Unger

Bitte um Anmeldung unter: gegenpatriarchatundkapital@riseup.net

Der Endpunkt befindet sich ebenfalls in 1060 Wien – im Anschluss wird es noch die Möglichkeit zum Austausch bei einem Getränk im Warmen geben! Für Tee während dem Stadtspaziergang wird gesorgt!

Hartnäckig wird behauptet, die Emanzipation der Geschlechter sei erreicht, weitere Gesetze und Initiativen überflüssig und eine Frauenbewegung obsolet – obwohl sämtliche Daten und Fakten aktueller Studien diesem Emanzipationsmythos widersprechen:

2016 veröffentlicht das Weltwirtschaftsforum einen Report zur Gleichstellung der Geschlechter. Geht es mit aktuellen Gleichstellungspolitiken in diesem Tempo weiter, wird es noch 170 Jahre
dauern, bis Frauen und Männer dieselben Chancen erhalten. Die wirtschaftliche Gleichstellung von Frau und Mann würde demnach erst im Jahr 2186 erreicht.

Frauen* verdienen 2017 um 37,3% brutto pro Jahr weniger als Männer. Bei ganzjähriger Vollzeitbeschäftigung lagen die Bruttojahreseinkommen der Frauen im Mittel um 15,6% unter jenen der Männer. Die seit Jahren geforderte flächendeckende Einkommenstransparenz lässt sich kaum
durchsetzen und wird von Unternehmen aktiv boykottiert.

Alleinerzieherinnen sind besonders häufig von Armut bedroht ebenso armutsgefährdet sind Pensionistinnen.

Jede 5.Frau erlebt im Lauf ihres Lebens entweder sesexuelle Belästigung, Missbrauch, sexualisierte oder häusliche Gewalt.

Die Liste der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Benachteiligungen von Frauen* lässt sich noch lange fortsetzen. Angesichts der Tatsache langsamer oder gar rückläufiger Emanzipationsentwicklungen erscheint vielen Frauen* ein Generalstreik von Frauen* der einzig gangbare Weg, um Gleichberechtigung heute voranzutreiben.

Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt verschiedene Widerstandsformen, Strategien der Frauen*Bewegung und Streikbewegungen!

Frauen*Streik in Mariahilf!
Frauen* in Bewegung!
Von der Utopie streikender und politisch mächtiger Frauen*!
Ein Spaziergang auf den Spuren widerständiger, streikender Frauen*!

08.02., 14:00, Dauer ca. 2 Stunden
Treffpunkt: Gumpendorferstraße 145, 1060 Wien

Antikapitalistische transfeministische Positionen in feministischen Kämpfen
Moderiertes Gespräch mit Zoe* Chamonix

If you need translation you can contact us via: gegenpatriarchatundkapital@riseup.net and we will try to organise whisper translation!

Trans*feminine Personen stehen im Fokus der Gewalt und Ausbeutung der gegenwärtigen patriarchalen und kapitalistischen Gesellschaft. Sie sind Betroffene unmittelbarer zwischenmenschlicher und institutioneller Gewalt. Auch gefährlichen und besonders ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen sind sie besonders häufig unterworfen. Gewaltvoll oder ausschließend stellen sich staatliche sowie klassisch familiäre Care Strukturen für sie oftmals dar. Relative Sicherheit im Bestehenden ist für trans*feminine Personen auch deshalb in zugespitzter Weise daran gebunden, die eigene Arbeitskraft zu verkaufen. Nicht zufällig waren trans*feminine Personen, insbesondere of Color, zentrale Akteuer*innen antikapitalistischer queerer Politiken. Nicht ohne Grund entwickelten trans*feminine Personen in den vergangenen Jahrzehnten solidarische Care Praktiken und Politiken. Entsprechend ist auch die Kritik patriarchal-kapitalistischer Verhältnisse im Fokus zahlreicher trans*feministischer Aktivist*innen und Theoretiker*innen. Gleichzeitig finden sich trans*feministische Analysen und Positionen noch immer sehr selten in feministischen linksradikalen Zusammenhängen. Der Status von trans*feminen Personen in vielen dieser Gruppen bleibt prekär und marginal. Ihre Erfahrungen, gesellschaftliche Positionen und Kämpfe finden hier oftmals nur randständige Betrachtung und bleiben untheoretisiert.

Im Gespräch mit Zoe* fragen wir nach den Bedingungen und Möglichkeiten linksradikaler trans*feministischer Kämpfe. Wir sprechen über Ausschlüsse, Solidarität und geteilte feministische Kämpfe.
The revolution will be trans*feminist or it will not be.

Zoe* Chamonix ist trans*feministische Aktivistin* und Forschende*. Sie* arbeitetet in Wien in den, zu den und gegen die hiesigen cisheteropatriarchalen (u.a.) kapitalistischen Verhältnisse.

Die Veranstalter_innen behalten sich vor, Personen, die in der Vergangenheit durch trans*feindliche Positionierungen aufgefallen sind und sich auch auf dieser Veranstaltung trans*feindlich äußern/verhalten, des Raumes zu verweisen.

06.02., 18:00, Kunsttankstelle Ottakring, Grundsteingasse 45-47, 1160 Wien
Kinderbetreuung vor Ort

Einführungsworkshop mit fe|ory

Bitte um Anmeldung unter: gegenpatriarchatundkapital@riseup.net

„Wenn wir streiken steht die Welt still!“ lautet der Ausruf der weltweiten feministischen Streikbewegungen. In diesem einführenden Workshop wollen wir gemeinsam erarbeiten, was das bedeutet und diesen Slogan mit theoretischen Argumenten unterfüttern. Dabei wollen wir historische und aktuelle feministische Kritiken der politischen Ökonomie als Grundlage für f*Streikbewegungen diskutieren und als Gesellschaftskritik deutlich machen.
Welche feministischen gesellschaftstheoretischen Interventionen bilden die Basis für heutige Streikbewegungen? Welche Theorien über den Zusammenhang von Kapitalismus und Patriarchat werden in aktuellen Bewegungen brauchbar gemacht? Welche noch nicht genug? In welchem Verhältnis stehen Produktions- und Reproduktionsarbeit? Welche Mittel gibt es, um das Ganze der Arbeit zu politisieren und die Welt still stehen zu lassen?

30.01., 18:00, Kunsttankstelle Ottakring, Grundsteingasse 45-47, 1160 Wien
Kinderbetreuung vor Ort

6. September 2019 – Antifa Warm-Up Demo

Am 15. März 2019 ermordete ein Rechtsterrorist im neuseeländischen Christchurch bei einem Anschlag auf zwei Moscheen 51 Menschen und verletzte weitere 50 schwer. Er mordete aus rassistischer Überzeugung. Seinen Taten lag die explizit rassistische und implizit antisemitische Verschwörungstheorie vom sogenannten „Großem Austausch“ zugrunde. Es waren allen voran die neofaschistischen „Identitären“, welche das rassistische Untergangsszenario vom „Großen Austausch“ maßgeblich popularisiert und mit Kampagnen und Demonstrationen verbreitet hatten. So verwunderte es auch nicht, dass der Rechtsterrorist in Kontakt mit Martin Sellner stand, diesem und „identitären“ Gruppen Spenden überwies und eine Reise durch Österreich machte. Es waren unter anderem diese Ideologien und Erfahrungen, die dem Rechtsterroristen zu seinem mörderischen Handeln motivierten. Die rassistische Erzählung, wonach ein geplanter „Bevölkerungsaustausch“ stattfindet und man die „letzte Generation“ sei, welche den „Untergang des Volkes“ aufhalten könnte, birgt ein enormes Gewaltpotential in sich: Im völkisch-rassistischen Denken spielt das einzelne Individuum keine Rolle, sondern wird nur als Teil des großen Ganzen begriffen, dem es sich unterzuordnen habe. Die nationale „Identität“, die nur durch den Ausschluss der „Anderen“ herzustellen ist, wird als etwas lebensnotwendiges, existentielles begriffen. Der Kampf gegen „Fremde“ in einer von Migration geprägten Gesellschaft erscheint so als Akt der Notwehr – und legitimiert die Wahl der Mittel. Um dieses Einschwören auf den bevorstehenden Kampf, darum geht es auch am 7. September am Wiener Kahlenberg, wenn die neofaschistischen „Identitären“ zum bereits dritten Mal im Gedenken an die „Befreiung Wiens“ von der sogenannten „Türkenbelagerung“ aufmarschieren.

Seit 2017 wird anlässlich der Schlacht am Kahlenberg im Jahr 1683 ein Fackelmarsch zur „Verteidigung Europas“ abgehalten. Mit der Mobilisierung am Kahlenberg soll ein Mythos geschaffen werden, der eine scheinbar ungebrochene Linie zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft entstehen lassen soll. Als Teil eines schicksalhaften, überzeitlichen Kollektivs, gelte es auch heute die neue Bedrohung durch „Fremde“ abzuwehren. Diese politischen Mythen sollen eine Identität vermitteln und Emotionen mobilisieren. Nicht ohne Grund ist der Mythos das Gegenteil von Aufklärung und hatte im Faschismus eine wichtige mobilisierende Funktion, die im Endeffekt auf eine „Apologie der Gewalt“ (Georges Sorel) hinausläuft. Es ist durchaus kein Zufall, dass sich auch der rassistische Massenmörder von Neuseeland auf den Mythos von 1683 bezieht. Die Jahreszahl und andere Verweise schrieb er auf seine Waffen, mit denen er 50 Menschen ermordete. FPÖ, Identitäre und auch der Rechtsterrorist von Christchurch teilen eine gemeinsame rassistische Ideologie, die im Endeffekt immer auf (tödliche) Gewalt hinausläuft. Am Kahlenberg geht es um das Einschwören auf eine Gruppenidentität, deren prägenden Merkmale Opferbereitschaft, soldatische Männlichkeit und Kampf sind. Diese rechtsextreme Ideologie, und nicht die Teilnehmer*innenzahl bei ihrem Aufmarsch ist es, von der eine nicht zu unterschätzende Gefahr ausgeht.

Dass Nazis und Faschist*innen morden, wenn sie niemand daran hindert, diese banale wie erschreckende Einsicht wurde nicht zuletzt durch die Mordserie des NSU oder den Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke erneut einer breiteren Öffentlichkeit vorgeführt. In Österreich sind rassistische Positionen längt mehrheitsfähig, auch trotz Ibiza-Skandal lässt sich von einer ungebrochenen rechten Hegemonie sprechen. Obwohl die Rede vom „Großen Austausch“ handlungsanleitend für den Christchurch-Attentäter war und er sein Manifest danach benannt hat, sieht auch die FPÖ keinen Grund darin, von dieser gefährlichen Erzählung Abstand zu nehmen. Strache bezeichnete sogar den „Bevölkerungsaustausch“ als einen „Begriff der Realität“, trotz der Kritik an den ideologischen und personellen Überschneidungen von FPÖ und „Identitären“.

Es ist erschreckend, wie weit sich rechtsextremes Denken in Österreich normalisiert hat und wie stark und erfolgreich damit Politik gemacht werden kann. Mitten im Nationalratswahlkampf wollen wir mit einer antifaschistischen Mobilisierung gegen den Aufmarsch der „Identitären“ am Wiener Kahlenberg klar machen: Make Racist Afraid Again! Rassismus tötet, und deshalb werden wir mit aller Entschlossenheit dafür kämpfen, dass sich diese Ideologien nicht noch weiter ausbreiten. Gegen ihre falsche rassistische Spaltung stellen wir die Perspektive auf eine solidarische herrschaftsfreie Gesellschaft. Eine Gesellschaft, in der alle ohne Angst verschieden sein können, in der ein gutes Leben für alle Menschen möglich ist – eine Gesellschaft frei von kapitalistischer Konkurrenz oder ausgrenzenden Nationalstaaten, samt der menschenverachtenden Ideologien, die ihre Herrschaft absichern und legitimieren.

Beteiligt euch am 7. September an den antifaschistischen Protesten gegen den „Identitären“-Aufmarsch am Kahlenberg. Zeigen wir, dass Rassismus in Wien und auch sonst wo keinen Platz hat!

Wir werden den Tag der Regierungsangelobung zum Anlass nehmen, um vor dem Polizeigefängnis (Polizeianhaltezentrum) Rossauer Lände gegen diesen Staat und seine Repressionsorgane zu demonstrieren.
Lassen wir auch diejenigen, die möglicherweise bei diesen Protesten von Repressionsschlägen betroffen sein werden, nicht alleine! Falls ihr selbst oder Genoss_innen von euch mit Anzeigen oder Festnahmen konfrontiert sein solltet: Auf der Kundgebung wird es Tee, Musik und Essen geben. Sie kann ein Anlaufpunkt sein, um auf die Freilassung von Festgenommen zu warten. Das Ziel ist es, die Kundgebung den ganzen Tag durch aufrechtzuerhalten. Wir freuen uns insbesondere über Verstärkung, ab 11:00 vormittags sind wir vor Ort!

Wie auch die letzten Jahre ruft die christlich-fundamentalistische Gruppe „Jugend für das Leben“ am 17. Dezember ab 16:30 zum „Marsch fürs Leben“ durch die Wiener Innenstadt auf. Unter dem nett klingenden Slogan „Frauen unterstützen, Kinder schützen“ wird das Ziel verfolgt, den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen rechtlich zu erschweren und zu delegitimieren. Dabei sprechen sie sich nicht nur für die Abschaffung der durch jahrzehntelange feministische Kämpfe errungenen Fristenregelung nach §97 StGB aus, welche eine Abtreibung innerhalb der ersten drei Schwangerschaftsmonate als straffrei deklariert, sondern auch für die völlige Kriminalisierung von Abtreibungen. Derartige Forderungen tragen absolut nicht dazu bei, die Situation von Personen, die ihre Schwangerschaft beenden wollen, zu erleichtern, sondern sind vielmehr Ausdruck einer patriarchalen, frauen*verachtenden Gesinnung.  
Der Zugang zu legalen, kostenfreien Abtreibungen muss möglich sein. Jede Person muss selbst über ihren Körper entscheiden können, deshalb
FUNDI-MARSCH VERHINDERN! PRO CHOICE IS OIS! KREPIER (HETERO-)PATRIARCHAT! 
Weitere Infos zu „pro choice“ und Proteste gegen Abtreibungsgegner*innen findest du hier

Im folgenden Text geht es darum, aufzuzeigen, wie das Gedenken an problematische Symbolfiguren, wie Karl Lueger, mit aktuellen Wahlen und Wahlk(r)ämpfen insofern zusammenhängen, als dass sie deutschnationale und antisemitische Kontinuitäten aufzeigen. Dafür wird erst die Person Karl Lueger beschrieben um über die Frage, wem erinnert wird, zu Aktuellem zu gelangen.

Karl Lueger ist einer der berühmtesten ehemaligen Bürgermeister Österreichs und – vor allem im Wiener Stadtbild – nach wie vor allgegenwärtig. Neben Statuen finden sich zahlreiche Gemälde und Erinnerungstafeln in ganz Wien und auch in anderen Bundesländern wieder. Die unhinterfragte Verehrung seiner Person ist vor allem auf die städteplanerischen Umsetzungen seiner Zeit zurückzuführen. Die Tatsache, dass er Antisemit war und mithalf, den Antisemitismus gesellschaftsfähig zu machen, wurde lange Zeit ignoriert. Luegers Wirken fällt in die Zeit vor 1938 und wurde folglich im Rahmen des Rückbenennungsprozesses nicht beachtet1.

Erst um 2000 erreichte die Kritik an seiner Person eine breite Öffentlichkeit. Trotz eines Arbeitskreises zur Umgestaltung des Lueger-Denkmals am Lueger-Platz2 und zahlreicher eingereichter Vorschläge sowie kritischen Auseinandersetzungen mit seiner Person ist außer der Umbenennung des Karl-Lueger-Rings im Jahr 2012 nicht viel passiert.

Lueger wurde 1844 in eine Familie mit wenig materiellen Mitteln geboren. Ein Stipendium finanzierte ihm seine Schullaufbahn und das anschließende Studium der Rechtswissenschaften. Während seiner Studienzeit wurde er Mitglied der nichtschlagenden Verbindung „Hilaria“. Seine politische Karriere begann 18683. 1887 bildete Lueger die Spitze der „Vereinigten Christen“, einem antiliberalen und antisemitischen Interessensverband, aus dem heraus er innerhalb weniger Jahre die Christlich-Soziale Partei (CS) gründete, die Vorläuferin der heutigen ÖVP4.

Lueger wurde zwar acht Mal zum Bürgermeister gewählt, jedoch erst beim fünften Mal vom Kaiser bestätigt5, da dieser ihn aufgrund seiner antisemitischen Äußerungen nicht als amtstauglich anerkennen wollte. Er hat durch „volksnahe“, leicht verständliche Rhetorik und einer Kombination aus Antisemitismus, Antifeminismus und Religiosität die Menschen begeistert6. Teilweise wird argumentiert, Lueger habe den Antisemitismus nur als Mittel zum Zweck benutzt, um eine Machtposition zu erlangen, die es ihm erlauben würde, seine Pläne für Wien umzusetzen. Dabei wird übersehen, dass er auch nach der Machterlangung nie davor zurückschreckte, mit Antisemiten7 zusammenzuarbeiten. Beispielweise hatte er kein Problem damit, dass Franz Klier, Leiter der „Reichspost“ und Sekretär des von Lueger einberufenen Frauenbundes, die Frauen dazu aufforderte, ihre Kinder judenfeindlich zu erziehen8.

In Erinnerung blieb er trotzdem primär wegen der vielen städtebaulichen Maßnahmen, die unter seiner Zeit als Bürgermeister umgesetzt wurden. Aufgrund hoher Landflucht hat sich Wien Ende des 19. Jahrhunderts stark vergrößert. Lueger hat seine Amtszeit dazu verwendet, die nötigen kommunal- und sozialpolitischen Maßnahmen umzusetzen9.

Doch kann man spezifisch an seiner Person die Errungenschaften festlegen oder war es einfach der Zeit geschuldet, dass diese Maßnahmen getroffen wurden? In Hinblick auf andere westeuropäische Staaten zeigt sich, dass die Stadtentwicklung Hand in Hand mit der Industrialisierung gegangen ist und eine Notwendigkeit war, die in benachbarten Staaten teils früher, teils später umgesetzt wurde. In dem Zusammenhang muss auch erwähnt sein, dass er seine Ideen sehr schnell, aber ohne Rücksicht auf Kosten umgesetzt hat. Nach seinem Tod hat er eine stark verschuldete Stadt zurückgelassen – etwas, das selten Erwähnung findet10. Die Inlandsschulden sind zwar durch Inflation nach dem 1. Weltkrieg weggefallen, die Auslandsschulden mussten aber langwierig zu tragbaren Zahlungen ausverhandelt werden11.

Lueger hat den Personenkult um sich schon während seiner Lebzeiten zelebriert. Er hat sichergestellt, dass notwendige bauliche Maßnahmen dieser Zeit, die von öffentlichen Geldern finanziert wurden, zu großen Teilen als seine Leistungen betrachtet wurden bzw. werden. In seinem Größenwahn hat er zahlreiche Gemälde anfertigen lassen und darauf geachtet, dass jedes unter ihm gebaute Gebäude auch eine Gedenktafel erhält.

Die Wurzeln des Antisemitismus sind tief in der modernen Gesellschaft verankert und wuchsen nicht erst durch Karl Lueger. Antisemitismus tritt in vielerlei Formen auf und hat sich im Laufe der Geschichte mehrmals gewandelt. Bis Ende des 18. Jahrhunderts wurden Jüdinnen_Juden „nur“ als Angehörige einer Religion betrachtet und aufgrund dessen diskriminiert, verfolgt und vertrieben. Der christliche Antisemitismus zeichnet sich dadurch aus, dass die jüdische Gemeinde als „Jesusmörder“ und „Brunnenvergifter“ galt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts und dem Übergang von der Feudalgesellschaft zum Kapitalismus wandelte sich der religiös motivierte Antijudaismus zu einem säkularen, modernen Antisemitismus12.

In der österreichischen Geschichte wird häufig betont, Karl Lueger hätte den Antisemitismus salonfähig gemacht. Lueger war ohne Zweifel Antisemit – Antisemitismus war allerdings bereits vor Lueger tief in der Gesellschaft verankert und stellt bis heute eine Kontinuität dar. Die Personifizierung einer Ideologie als „Karl Lueger, der Antisemit“ ist gefährlich. So ist es unbedingt notwendig, die Ideologie des ehemaligen Wiener Bürgermeisters zu benennen und sein heroisierendes Gedenken zu hinterfragen und zu stören. Dennoch birgt die Konzentration auf eine Person als Salon-Antisemiten die Gefahr, dass gesellschaftliche Zusammenhänge auf einige Wenige projiziert werden, wodurch verschleiert wird, dass es sich um die Gesellschaft als Ganzes handelt, nicht um einzelne Akteur_innen als Ausnahmeerscheinung. Durch die Fixierung auf Karl Lueger als Antisemiten werden gesellschaftliche Zustände im 19. und 20. Jahrhunderts ausgeblendet und Antisemitismus vor dem Nationalsozialismus fälschlicherweise als Randphänomen betrachtet.

Im öffentlichen Leben und im öffentlichen Raum stellt sich immer wieder die Frage, wer wem aus welchen Gründen und an welchen Orten wann erinnert und wem überhaupt erinnert werden darf. Dabei geht es um erwünschte und unerwünschte Geschichtsschreibungen sowie Kontinuitäten, welche in Gesellschaftsordnungen eingewoben sind. Denkmäler zeigen dabei auf eine besonders plakative Weise Machtverhältnisse und Herrschaftsstrukturen auf. Im deutschsprachigen Raum (und darüber hinaus) wird besonders gerne weißen (oft älteren) Männern* gedacht, die als so wichtig gezeichnet werden, dass ihre Namen auch über den Tod hinaus weiterbestehen sollen. Im Gegensatz dazu gibt es Namen, an die sich kaum jemand erinnern möchte. Denkmäler manifestieren Geschichte, damit zeugen sie auch davon, wie regionale Geschichte geschrieben wird und wie der öffentliche Umgang mit ihr ist.

Gerade in NS-Täter_innenländern wie Österreich wird ungern an jene gedacht, die Opfer des Nationalsozialismus waren und wurden. Damit wird Gedenken fast schon zu einem Akt des nachträglichen, symbolischen Widerstandes, wenn an jene Personen (und Namen) gedacht wird, die der Nationalsozialismus auslöschen wollte. Die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus scheint so sehr zu provozieren, dass Denkmäler, die den Ermordeten ihre Namen zurückgeben wollen, wie das Denkmal der Namen in Villach, mehrfach zerstört werden13. Weitere Beispiele sind Denkmäler wie jenes in Kemeten in Erinnerung an die im NS verschleppten und ermordeten Romnija_Roma des Ortes, welches erst von öffentlicher Hand gar nicht genehmigt – in dem Fall zweimal vom Gemeinderat abgewiesen – und nach jahrelangen Konflikten zwar beschlossen, aber weitere Jahre – bis heute – nicht aufgestellt werden14.

Laut Bundesdenkmalamt stehen in Wien 3.258 unter Denkmalschutz stehende Gebäude, Brunnen, Kirchen, Statuen, usw.15 Davon stehen im öffentlichen Raum fast 680 Gedenktafeln16 (laut MA7), wobei um die 530 Mal Männer* namentlich erwähnt werden, aber nur etwas über 40 Frauen*. Noch offensichtlicher wird es bei Denkmälern17 im Sinne von Plastiken, von denen es in Wien an die 330 gibt – etwas über 230 namentliche Erwähnungen von Männern*, aber nur knapp 10 von Frauen*. Es zeigt sich also ganz offensichtlich, an wen gedacht werden will und an wen nicht. Einzelpersonen stehen dabei als Symbolfiguren für gesellschaftliche Verhältnisse. In diesem Kontext ist auch die Darstellung Luegers zu sehen.

In Wien gibt es unter anderem Karl Lueger Denkmäler am Dr. Karl Lueger Platz (seit Juni 2016 mit Hinweistafel) am Gürtel beim Westbahnhof, beim Geriatriezentrum am Wienerwald/Krankenhaus Lainz und am Cobenzl, eine Gedenktafel am Hauptgebäude der Technischen Universität Wien, ein Reliefbild mit Inschrift am Siebenbrunnen(platz) im 5. Bezirk, den Luegerhof mit einer Porträtbüste im 15. Bezirk und zudem wird am Wiener Zentralfriedhof in der Dr. Karl Lueger-Gedächtniskirche bzw. (seit 2000) Karl-Borromäus-Kirche auf der Wandmalerei “Das jüngste Gericht” Lueger im Totenhemd dargestellt. In Neustadtl an der Donau gibt es eine Lueger-Kapelle, in Sankt Anton an der Jeßnitz und in Scheibbs ein Luegeraquädukt. Auch mittels Straßennamen und Ortsbezeichnungen wird an Personen erinnert, so wie im konkret angesprochenen Fall Lueger mittels der Dr. Karl Lueger Gasse in Mariazell, der Luegerstraßen in Klagenfurt, Feldkirch und Graz oder dem Dr. Karl Lueger Platz in Wien. Es wird somit explizit und besonders offensichtlich in ganz Österreich einer Symbolfigur des Antisemitismus gedacht.

Betrachtet man nun in weiterer Folge Norbert Hofer als den Präsidentschaftskandidaten für die FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) bzw. die FPÖ im Generellen im Kontext antisemitischer und deutschnationaler Kontinuitäten in Österreich, so drängt sich die Frage auf, ob nicht eben jener als Repräsentationsfigur für diesen Staat – in der Funktion des Präsidenten – eine gewisse Konsequenz in diesen antisemitischen und deutschnationalen Traditionen darstellen würde.

Die 1955/56 gegründete FPÖ ist seit jeher ein Sammelbecken für (unter anderem) deutschnationale und rechtsextreme Ideologien, welche auch Antisemitismus als solche miteinschließen18. Allein die (verbalen) Ausfälle Haiders während seiner FPÖ-Zeit19, Vergleiche von HC Strache à la die Besucher_innen des WKR-Balles 2012 wären „die neuen Juden“ und Protestaktionen gegen Burschi-Buden seien „wie die Reichskristallnacht gewesen“20, diverse Veröffentlichungen in der FPÖ-Vorfeldorganisation Aula unter Otto Scrinzi oder in der Wochenzeitung Zur Zeit von Andreas Mölzer21, oder das antisemitische Facebook-Posting von der damaligen FPÖ-Abgeordneten Susanne Winter (das schließlich zum Ausschluss aus der Partei führte)22 sprechen für sich23.

Besuche Israels von Seiten der FPÖ werden immer wieder instrumentalisiert, um eine Distanzierung von Antisemitismus zu postulieren und die Partei und die Mitglieder damit aus der Kritik nehmen zu können. Ein Israel-Besuch von mehreren FPÖ-Mitgliedern – darunter Hofer – im Jahr 2014 sorgte kurz vor der ersten Präsidentschaftswahl 2016 für Aufregung: so behauptete Hofer, er sei in seiner Funktion als Dritter Nationalratspräsident von der Knesset offiziell empfangen worden, und habe gleichzeitig einen „versuchten Terroranschlag“ unmittelbar in seiner Nähe erlebt, wobei sich beide Aussagen als falsch herausstellten24. Auch die im Rahmen des Jahrestages der Novemberpogrome stattgefundene Gedenkveranstaltung bzw. das Symposium („Haben wir aus der Geschichte gelernt? Neuer Antisemitismus in Europa“) der FPÖ im Grand Hotel in Wien am 7. November 2016, an der Hofer ebenfalls teilnahm, verdeutlicht eben jene (ekelhafte) Taktik zur Instrumentalisierung.

Antisemitische Äußerungen bzw. Diskriminierungen sind in Österreich in seinen Traditionen tief verwurzelt. Dies wird unter anderem in einer spezifischen (problematischen) Gedenk- und Erinnerungspolitik deutlich. Zugespitzt zeigt sich dies – nicht nur, aber auch – in dem Gedankengut, das die FPÖ vertritt und propagiert. Weder „Gottes“ noch sonst irgendeine Hilfe25 kann darüber hinwegtäuschen, dass sich in Repräsentationsfiguren, wie jenen von Bürgermeister_innen oder Präsident_innen, gesellschaftliche Verhältnisse widerspiegeln. Somit zeugen die Denkmäler Luegers von jenen Kontinuitäten, die fraglich im Raum stehen. Nicht nur die oben aufgezählten Orte, sondern noch viele weitere, könnten besser genutzt werden, beispielsweise um aufzuzeigen, dass trotz (deutsch)nationaler und antisemitischer Kontinuitäten, es Protest gegen diese gibt, nicht nur, um sich den Raum zu nehmen und ihn umzugestalten, sondern auch um mit diesen Traditionen zu brechen.

 

Ehrlich, Anna

2010 Karl Lueger. Die zwei Gesichter der Macht. Wien: Amalthea Signum Verlag.

Globisch, Claudia
2013 Radikaler Antisemitismus: Inklusions- und Exklusionssemantiken von links und rechts in Deutschland. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.

Heimann, Elisabeth
2015 Die (Selbst-)Inszenierung Karl Luegers und die Rezeption nach 1910. In: Christian Ehalt (Hrsg.): Enzyklopädie des Wiener Wissens, Porträts, Band IV Karl Lueger. Weitra: Bibliothek der Provinz.

Zimmermann, Clemens
1996 Zeit der Metropolen. Unter: http://www.demokratiezentrum.org/fileadmin/media/pdf/zimmermann_metropolen.pdf

1 vgl. Heimann (2015): S.12

2 vgl. http://luegerplatz.com/idee.html

3 vgl. Ehrlich (2010): S.14-32.

4 vgl. ebd.: S.95

5 Das bedeutet dementsprechend, dass Lueger die ersten vier Male nicht als Bürgermeister im Amt war, obwohl er gewählt wurde.vgl. Zimmermann (1996) S. 13 ff.

6 vgl. Heimann (2015): S.38, Ehrlich (2010): S.103

7 An dieser Stelle wurde nicht gegendert, da aufgrund der Aufzeichnungen bzw. Nachweise davon ausgegangen wird, dass Lueger qua Einstellung mit antisemitischen Männern zusammengearbeitet hat.

8 vgl. Ehrlich (2010): S.247

9 vgl. Zimmermann (1996): S.13ff

10 vgl. Ehrlich (2010): S.140

11 vgl. Ehrlich (2010): S.247

12 vgl. Globisch (2013): S.24

13 siehe u.a. http://ktnv1.orf.at/stories/481976

14 siehe u.a. http://burgenland.orf.at/news/stories/2692616/

15 siehe u.a. http://www.bda.at/downloads/1928/

16 siehe u.a. http://austria-forum.org/attach/Wissenssammlungen/Denkmale/Gedenktafeln.pdf

17 siehe u.a. http://austria-forum.org/attach/Wissenssammlungen/Denkmale/Denkmale.pdf

18 Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit (Wien), 2014: Rechtsextremismus. Entwicklungen und Analysen – Band 1. Mandelbaum Verlag. (Als tiefergehende Lektüre sei an dieser Stelle vor allem der Beitrag von Heribert Schiedel „‘National und liberal verträgt sich nicht‘. Zum rechtsextremen Charakter der FPÖ.“ empfohlen.)

19 u.a. Aussagen wie Ich verstehe nicht, wie jemand, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben kann.“ in Bezug auf den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant, oder die Gleichsetzung der Shoah mit der Vertreibung der Sudetendeutschen 1945/46

20 http://derstandard.at/1326504047903/STANDARD-Bericht-Strache-auf-WKR-Ball-Wir-sind-die-neuen-Juden

21 wie z.B. „Man sollte einem durchaus wiedergutmachungswilligen Land und seinen Bürgern … nicht das Gefühl geben, dass sie gewissermaßen ad infinitum als Melkkuh für Ansprüche herhalten müssen, für die es keine rechtliche und moralische Grundlage mehr gibt.“ in Bezug auf finanzielle „Entschädigungen“ für die Überlebenden der Shoah

22 http://derstandard.at/2000024949488/Winter-muss-Partei-verlassen

23 die Liste antisemitischer Äußerungen und Veröffentlichungen von FPÖ-Mitgliedern bzw. -nahen Personen lässt sich im Übrigen lange fortführen und kann (bis zum Jahr 2000) detailierter unter anderem hier nachgelesen werden: http://www.doew.at/cms/download/dhm5v/schiedel_fpoe.pdf (Heribert Schiedel, 2001: „Die FPÖ und der Antisemitismus – Ein lange verdrängter Aspekt“). Eine aktuellere Auseinandersetzung lässt sich beispielsweise hier nachlesen: https://forschungsgruppefipu.wordpress.com/tag/antisemitismus/ )

24 siehe u.a.:
* http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/4992586/Hofers-Israelbesuch_FPO-kritisiert-Manipulation-des-ORF
* http://derstandard.at/2000034650291/Strache-und-hochrangige-FPOe-Politiker-in-Israel
* http://jungle-world.com/artikel/2016/16/53874.html

25 Dies bezieht sich auf eine Formulierung auf den neuen Wahlplakaten von Hofer für die Wahlwiederholung am 4. Dezember 2016: „In eurem Sinne entscheiden. So wahr mir Gott helfe.”

Am 29.Oktober gingen in Linz 4000 Menschen gegen den Rechtsextremen Kongress organisiert vom „Europäischen Forum Linz“ auf die Straße! Mehrere hunderte Antifaschist*innen fanden sich in dem von uns organisierten Linksradikalen Block ein. Hier ein kleiner Videozusammenschnitt von unserem Antifa-Block auf der Demo des Bündnis „Linz gegen Rechts“ gegen den rechtsextremen Kongress der „Verteidiger Europas“. Mehr Infos findet ihr auf: https://noeflinz.noblogs.org/

 

Es ist der 10. Oktober. Der Tag, an dem immer noch zu viele Leute in Koroška gelb-rot-weiße Fähnchen an ihren Fenstern oder Balkonen befestigen, um die „Ungeteiltheit“ ihres trauten Heimatlandes zu feiern und ihrer Volksgemeinschaft zu huldigen.

Auch wenn sich das Bild der öffentlichen Feierlichkeiten gewandelt hat (die slowenische Volksgruppe wird involviert, die faschistische,“Kärnten-spricht-deutsch!“-Devise Haiders nicht länger dogmatisch verfolgt), bleibt es das Feiern einer Nation, die sich durch die jahrzehntelange Unterdrückung der slowenischsprachigen Bevölkerung und ihrer begeisterten Beteiligung an Nationalsozialismus, Vernichtungskrieg und Shoah, genau das Gegenteil verdient hat!

Wir reagieren mit strikter Ablehnung auf das (immer noch deutsche) Fahnenfest!

#noheartforanation #kärntenvonderkartestreichen #sloweniensollbissalzburgreichen

Unseren längeren Text „10.Oktober – Friede, Freude, deutscher Eintopf/ Pa mir, pa sreča, pa nemška enolončnica“ findet ihr hier:
no10oktober.blogsport.de

In Österreich und Europa erleben wir ein diffuses Zusammenspiel von ökonomischen, (sicherheits-)politischen und sozialen Umwälzungen. Unsere Zeit ist geprägt von Phänomenen, die man als Ausdruck von Entsicherung bezeichnen kann – die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus wird immer deutlicher sichtbar. Die einfache Antwort vieler ist der Wunsch nach einem „starken Mann” der Stabilität bringen soll. „Lieber weniger Freiheit als Chaos”, so die allgemeine Meinung. Dieser Wunsch wird von mehreren Seiten bedient, die Autoritären sind in der Offensive: Ob FPÖ, „Identitäre“, türkische oder polnische Nationalist*innen, islamistische und jihadistische Gruppen: Sie alle versprechen eine andere politische Ordnung, und zwar ein kompromissloses Regieren für das jeweils eigene „Volk”. Dieses wird entlang der Linien von Nation, Ethnie und/oder Religion bestimmt. Bedient wird dieser Wunsch aber auch von staatlicher Seite: Wir erleben eine Normalisierung ehemals deutlich von rechts besetzter Forderungen. Nicht nur die Verschärfung der Sicherheitspolitik, massive Überwachung, der Abbau bis hin zur faktischen Abschaffung des Rechts auf Asyl, sondern auch die generelle autoritäre Zuspitzung staatlichen Handelns wird zumeist, wo nicht beklatscht, doch zumindest als neue Normalität hingenommen.

In Zeiten offensichtlicher Krise müssen Geflüchtete – und Andere, welche nicht als Teil der nationalen Gemeinschaft wahrgenommen werden – als Verursacher*innen der gesellschaftlichen Probleme herhalten. Und wenn die „Fremden” an allem Schuld sind, wird der Staat als Beschützer der nationalen Gemeinschaft angerufen. Doch der Staat kann das Auftreten von Krisen im Kapitalismus nicht verhindern. Er wird uns nicht retten, denn der Staat ist Teil des Elends. Und er setzt seine Gewalt ein, durch Gesetze, Aufrüstung und Einschüchterung, wenn seine Legitimität in krisenhaften Zeiten angezweifelt wird. Er muss von seiner offensichtlichen Machtlosigkeit gegenüber globalen ökonomischen Entwicklungen ablenken. Antisexistische, antirassistische und antifaschistische Kämpfe bleiben notwendig, unsere Kritik muss aber an der Wurzel ansetzen. Der patriarchale Kapitalismus als komplexes System, das in all unsere Lebensbereiche einwirkt und die Regeln des täglichen Miteinanders festschreibt, muss angegriffen werden. Die Werte unserer unmenschlichen Leistungsgesellschaft sind so gut antrainiert, dass es schwer fällt, sich eine andere Praxis, geschweige denn die Möglichkeit einer anderen Gesellschaft, überhaupt vorzustellen.

Die Kampagne „Raus aus der Ohnmacht!“ soll dazu mobilisieren, Aktionen und Veranstaltungen gegen den Kapitalismus, den Staat und seine autoritäre Formierung zu organisieren. Wenn wir aus dem Hamsterrad der Ohnmacht, der Abwehrkämpfe, der Vereinzelung und Marginalisierung ausbrechen wollen, brauchen wir eine breite, starke und handlungsfähige radikale Linke! Nur wenn wir uns organisieren und unserer Kritik in Aktionen und Texten transparent und nachvollziehbar Ausdruck verleihen, sie für Menschen zugänglich machen und so als radikale Linke mehr werden, ist Veränderung denkbar!

Für ein gutes Leben für Alle!

Lange Version zum weiterlesen hier

Notstand? Aufstand! Der Wiener Ring wurde blockiert um auf die verherenden Folgen der geplanten rassistischen Asyl-Notverordnung aufmerksam zu machen mit welcher faktisch das Menschrecht auf Asyl abgeschafft wird.

Am 11. Juni wollen die „Identitären“ ihre 3. Demonstration in Wien (Ottakring) abhalten. Unter dem Motto „Remigration“ wollen Neofaschist*innen aus ganz Europa durch Wiens Straßen ziehen; eine offene Drohung an all jene, die nicht in ihr völkisches Weltbild einer ethnisch reinen Volksgemeinschaft passen. Denn die Forderung nach „Remigration“ ist nichts anderes als ein sich anders artikulierender Aufruf zum Pogrom. Als Antifaschist*innen werden wir sie auch heuer nicht in Ruhe marschieren lassen! Die Demonstration am 11. Juni hat nicht nur wegen ihrer symbolischen Wirkung, sondern auch aufgrund ihres internationalen Charakters, eine wichtige Bedeutung für die außerparlamentarische extreme Rechte – in Österreich und darüber hinaus. So nahmen an Aufmärschen der „Identitären“ in der Vergangenheit rechtsextreme Kamerad*innen aus Frankreich, Deutschland, Italien, Tschechien, Ungarn und Slowenien teil.

Daher gilt es, den Aufmarsch zu verhindern und die mediale Debatte um die „Identitären“ zu nutzen, um sie als das zu entlarven was sie sind: gewalttätige Faschist*innen, die die Welt nach völkisch-rassistischen Maßstäben ordnen wollen.
Im Zuge der vermehrten Flucht- und Migrationsbewegungen nach Mitteleuropa, haben die „Krieger“ der völkischen Schicksalsgemeinschaft deutlich gemacht, welche Blüten das Fortschreiten des apokalytischen Wahns treibt. Die Ausschreitungen am Praterstern bei ihrer letzten Demonstration in Wien zeigen, dass Autobahnblockaden nicht länger Mittel der Wahl gegen den „großen Austausch“ sind und waren nur ein Vorgeschmack darauf, womit dem Antifaschist*innen in den folgenden Monaten konfrontiert werden sollten.

Als die „Identitären“ am 15. November 2015 in Spielfeld aufmarschierten, prügelten sich die Rechtsextremen ohne Rücksicht auf Verluste durch Straßenblockaden und am 17. Jänner 2016 griffen einige Kader der Gruppierung nach einer ihrer Demonstrationen in Graz eine Gruppe Antifaschist*innen an. Die Störaktion im Audimax der Universität Wien, bei der mehrere Personen verletzt wurden, bildet den vorläufigen Höhepunkt einer Chronik von Übergriffen, welche aus dem direkten Umfeld der „Identitären“ hervorgingen. Die neue Qualität der Angriffe von Rechts ist allerdings nicht nur auf eine „Radikalisierung“ ihrer Mittel zurückzuführen, sondern ergibt sich auch aus der einfachen Tatsache, dass den Kamerad*innen seit allzu langer Zeit nicht der Raum entzogen wird, den sie sich zu nehmen versuchen.

Eine konsequente antifaschistische Praxis ist die Voraussetzung dafür, reaktionäre Gruppen wie die „Identitären“ zurückzudrängen und zu zerschlagen. Die Mittel einer solchen Praxis müssen vielfältig sein. Deshalb rufen wir für den 11. Juni – den Tag des Naziaufmarsches – alle Antifaschist*innen dazu auf, kreative und dezentrale Aktionen vorzubereiten. Am Vorabend werden wir uns im Rahmen einer entschlossenen Demonstration den Raum nehmen, den die Faschist*innen am nächsten Tag für sich beanspruchen wollen.

Das Ziel ist es, Anwohner*innen über den geplanten Aufmarsch der Rechtsextremen zu informieren und unsere linksradikale Gesellschaftskritik am Sexismus, Rassismus und Nationalismus der „Identitären“ auf die Straße zu tragen. Denn Nazis fallen nicht vom Himmel, sondern sind Produkte dieser Gesellschaftsordnung, die durch Konkurrenz, Herrschaft und Ausschluss gekennzeichnet ist. Nationalismus – die Sorge um Erfolg und Gedeih der eigenen Nation – ist keine Ausnahme, sondern der von Küchentisch bis Nationalrat durchgesetzte Betrachtungsstandpunkt des gesamten Weltgeschehens. Wer also jetzt bloß den Status Quo gegen die „Identitären“ verteidigen will, anstatt die gesellschaftlichen Verhältnisse in den Blick der Kritik zu rücken, macht sich der Verharmlosung der herrschenden Brutalität schuldig.

Gegen die Festung Europa und ihre Fans!
Kapitalismus Abschaffen! Nationalismus ist keine Alternative!

 

 

https://nofascism.noblogs.org/

Antifa Vorabenddemo

Der Aufmarschort der neofaschistischen “Identitären” wurde bekannt gegeben: Sie wollen am 11. Juni durch das alternativ und migrantisch geprägte Grätzl in Ottakring marschieren. Das heißt auch, dass die Antifa-Vorabenddemo in OTK stattfinden wird.

Freitag, 10. Juni 2016 | 19:00 | Yppenplatz

Das Ziel ist es, Anwohner*innen über den geplanten Aufmarsch der Rechtsextremen zu informieren und unsere linksradikale Gesellschaftskritik am Sexismus, Rassismus und Nationalismus der „Identitären“ auf die Straße zu tragen. Denn Nazis fallen nicht vom Himmel, sondern sind Produkte dieser Gesellschaftsordnung, die durch Konkurrenz, Herrschaft und Ausschluss gekennzeichnet ist. Nationalismus – die Sorge um Erfolg und Gedeih der eigenen Nation – ist keine Ausnahme, sondern der von Küchentisch bis Nationalrat durchgesetzte Betrachtungsstandpunkt des gesamten Weltgeschehens. Wer also jetzt bloß den Status Quo gegen die „Identitären“ verteidigen will, anstatt die gesellschaftlichen Verhältnisse in den Blick der Kritik zu rücken, macht sich der Verharmlosung der herrschenden Brutalität schuldig.

https://www.facebook.com/events/996621987071498/

Alt text

In Österreich und Europa erleben wir ein diffuses Zusammenspiel von ökonomischen, (sicherheits-)politischen und sozialen Umwälzungen. Es fühlt sich an, als würden sich Ereignisse verdichten, als wäre auf einmal mehr los als die letzten Jahre. Der Terror von Rechts, ob von islamistischen oder klassischen Faschist*innen, erreicht zu oft sein Ziel, Angst zu verbreiten und rechtsextreme Positionen groß zu machen.
Nicht nur die Verschärfung der Sicherheitspolitik, der Abbau bis hin zur faktischen Abschaffung des Rechts auf Asyl, sondern auch die generelle autoritäre Zuspitzung staatlichen Handelns wird zumeist, wo nicht beklatscht, doch zumindest als neue Normalität hingenommen. In Zeiten immer größerer Unsicherheit, sozialer Abstiegsängste und immer stärker wachsenden Drucks sich den Zwängen und Anforderungen des Marktes anzupassen, kommt es zu einer Hochblüte autoritärer Politik durch den kapitalistischen Wettbewerbsstaat auf der einen und der Akzeptanz reaktionärer Ideologien auf der anderen Seite. Das alles ist kein Zufall. Werfen wir einen Blick auf die Veränderungen, die Zusammenhänge von österreichischer und europäischer Politik, den Rechtsruck, der sich durch die gesamte Bevölkerung zieht und den Kapitalismus als das Problem, über das niemand reden will.

Abschiebung, Abschottung, Überwachung
Mit welchen Veränderungen haben es wir also zu tun? Worin zeigt sich der Rechtsruck und Aufschwung rassistischer und reaktionärer Ideologien? Der Versuch einer Lagebeschreibung der aktuellen Krisensituationen in Österreich und Europa: Am offensichtlichsten zeigt sich eine autoritäre Zuspitzung des Staates in seiner Reaktion auf angebliche Bedrohungen von „Außen“. Mit dem Argument, die Souveränität und die Grenzen des Staates zu schützen, wird eine immer stärker militarisierte Abschottungs- und Abschiebepolitik gerechtfertigt. Die Abschiebung von Geflüchteten mit Militärflugzeugen und der Einsatz von Bundesheer-Spezialeinheiten inklusive Panzern an der Grenze sollen die Durchsetzungsfähigkeit des österreichischen Staates beweisen. Diese Zuspitzung geht mit einer gleichzeitigen Normalisierung ehemals deutlich von rechts besetzter Forderungen einher, wie beispielsweise die Propagierung einer „Festung Europa“ – einst eine Position der extremen Rechten, wird sie heute von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen.

In Zeiten offensichtlicher Krise müssen Geflüchtete – und Andere, welche nicht als Teil der nationalen Gemeinschaft wahrgenommen werden – als Verursacher*innen der gesellschaftlichen Probleme herhalten. Und wenn die „Fremden” an allem Schuld sind, wird der Staat als Beschützer der nationalen Gemeinschaft angerufen. Der Staat kann die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus nicht verhindern. Er muss von seiner offensichtlichen Machtlosigkeit gegenüber globalen ökonomischen Entwicklungen ablenken. Der Staat ist nicht in der Lage die Bevölkerung vor den Abgründen des Kapitalismus zu schützen. Um sich jedoch trotzdem der eigenen Stärke und Souveränität zu versichern, reagiert Österreich mit militärischer Symbolik und autoritärer Politik. Neben diesen, auf Abschreckung zielenden Politiken der Abwehr vermeintlicher Bedrohungen „von Außen“, fällt das Herstellen „innerer Sicherheit“ ebenfalls in den staatlichen Aufgabenbereich. So zeigen sich Entwicklungen hin zu einem autoritären Staat auch in Gesetzesbeschlüssen, wie dem neuen Staatsschutzgesetz. Massive Überwachung und die Erweiterung polizeilicher und verfassungsschutzlicher Befugnisse stehen im Zentrum. Unter dem Deckmantel der Prävention werden die repressiven Organe ausgebaut. Polizeiliche Ermittlungen sind noch vor einem konkreten Tatverdacht möglich, filmen und beobachten polizeilicher Kontrollen wird zugleich unter Strafe gestellt. Ohne nennenswerte Kritik wird diese als normal hingenommene autoritäre Zuspitzung vollzogen.

Die Kulturalisierung sozialer Konflikte
Während ein öffentlicher Diskurs über Sicherheit, in welchem die nationale Idylle als permanent bedroht dargestellt wird, überpräsent ist, steht es um das Thematisieren sozialer Sicherheit schlecht. Sicherheit wird nur jenen Personen garantiert, die ökonomisch verwertbar sind. Personen, die der gesellschaftlichen Norm nicht entsprechen können, wollen oder dürfen, bleibt hingegen ein Anspruch auf Sicherheit weitgehend verwehrt. Zusätzlich werden ihnen aufgrund ihrer prekären Situation negative Eigenschaften zugeschrieben (aggressiv, nutzlos, kriminell etc.), was dazu führt, dass sie als „Sicherheitsrisiko“ gelten. Strukturelle Probleme werden in rassistischer Manier als „kulturelle Unterschiede“ präsentiert. Dass vorrangig Personen ohne österreichische Staatsbürger*innenschaft in illegalisierten Gewerben arbeiten (müssen) liegt jedoch nicht an ihrem Berufswunsch, sondern ist das Resultat einer Situation, die wenige Alternativen offen lässt. Die Folgen kapitalistischer Verwertungslogik, z.B. Armut, werden als Ursache gesellschaftlicher Probleme verkannt. Daraus resultiert die Bekämpfung unerwünschter Personengruppen anstatt der Bekämpfung der Ursache. Wie sich eine solche Politik äußern kann, zeigte sich etwa an der Operation Spring (1999/2000) und dem Mord an Marcus Omofuma (1999), die schnell in Vergessenheit geraten sind. Aktuell macht die „Bekämpfung des Drogenproblems rund um die U6“ die Kontinuität rassistischen Vorgehens der Exekutive deutlich – und wird oftmals, wenn nicht aktiv gefordert, als normaler Teil des Alltags akzeptiert. Offen rassistisch wird alles Schlechte als die Schuld „der Muslime“, „der Ausländer“ oder „der Flüchtlinge“ erklärt. Besonders ekelhaft werden solche Beschuldigungen, wenn österreichische Sexisten glauben, „ihre Frauen“ vor „fremden“ Männern schützen zu müssen: Frauen* sollten am Besten nur mehr in Begleitung aus dem Haus gehen. Der rechte Mann kann sich dabei als heldenhafter Beschützer inszenieren und gleichzeitig den eigenen Sexismus auf „die Anderen“ projizieren: Sexistische und sexualisierte Gewalt gegen Frauen* wird hierbei nicht in ihrer Alltäglichkeit in der österreichischen/europäischen Gesellschaft begriffen, sondern wird kulturalisiert, also als angeblich „kulturelles Problem“ von Nicht-Österreicher*innen thematisiert. Die grundsätzlich patriarchale Struktur der Gesellschaft wird ohnehin geleugnet.

Der Wunsch nach Autorität
Unsere Zeit ist also geprägt von Phänomenen, die man als Ausdruck von Entsicherung bezeichnen kann. Ständig wird über Krisen geredet: Auf die „Wirtschaftskrise“ folgt die „Flüchtlingskrise“, seit Jahrzehnten wird nur noch übers Sparen gesprochen. Österreich sei pleite, es gäbe kein Geld für Bildung, Pensionen und fürs Gesundheitssystem. In der Gesellschaft ist man sich scheinbar einig, dass es keinen weiteren Aufstieg mehr gäbe, dass das Limit am Finanzierbaren erreicht sei und es ab jetzt bergab geht. Der scheinbare Verlust von Ordnung und Sicherheit macht Angst. Die Antwort ist der Wunsch nach einem “starken Mann” der Stabilität bringt. “Lieber weniger Freiheit als Chaos.” Die Autoritären sind in der Offensive. Ob FPÖ, „Identitäre“, türkische oder polnische Nationalist*innen, islamistische und jihadistische Gruppen: Sie alle versprechen eine andere politische Ordnung, und zwar ein kompromissloses Regieren für das jeweils eigene „Volk”. Dieses wird entlang der Linien von Nation, Ethnie und/oder Religion bestimmt. Das autoritäre Versprechen lautet: „Ich bin einer von euch und fühle euren Schmerz. Ich beschütze euch vor den Bedrohungen von Außen und bekämpfe die Eliten, die euch in diese Lage gebracht haben. Bei mir kommt ihr wieder zuerst dran.”
Menschenfeindlichkeit, erkennbar in der Betonung von Ungleichwertigkeit und der Verletzung der Würde von Menschen, wird allerdings auch verstärkt in öffentlichen Aussagen und Handlungen aus der gesellschaftlichen Mitte sichtbar. Diese werden dann als Berechtigung für unterschiedliche Formen von Diskriminierungen und Gewaltakten verwendet. Eine ständige Fokussierung der Kritik auf den rechten Rand, sei dieser österreichischer, deutscher, türkischer oder islamistischer Ausprägung, führt leicht zur Entlastung einer vermeintlichen gesellschaftlichen Mitte und der bürgerlich-liberalen Linken. Denn der Rechtsextremismus ist ohne eine diskriminierende, autoritäre Mehrheitsgesellschaft undenkbar. Der Glaube an den starken Mann, der Standortnationalismus und antifeministische Praktiken bleiben wichtige Merkmale vor allem der Konservativen.

Die Revolte gegen die Moderne
Parallel zum Wunsch nach mehr staatlicher Autorität und zum gesamtgesellschaftlichen antifeministischen und rassistischen Backlash werden auf subjektiver Ebene weitere vermeintliche Lösungen in krisenhaften Situationen herangezogen. Diese basieren auf einer Externalisierung, Kulturalisierung und Personalisierung sozialer Konflikte. Besonders deutlich äußert sich das im Auftreten zweier regressiver Bewegungen, die kontinuierlich an Einfluss zu gewinnen scheinen und auf verschiedene Weisen das gesellschaftliche Klima prägen: Die völkisch-rassistische Revolte, deren zentraler Akteur die FPÖ ist, auf der einen Seite und islamistische Strömungen auf der anderen Seite. Erstere betreibt unter dem Vorwand eines angeblichen „Kampfes gegen die Islamisierung“ gegenwärtig vor allem Hetze gegen Geflüchtete und Muslime. Um eine Kritik an tatsächlichen reaktionären islamistischen Tendenzen geht es dabei nicht. Diese würde zwingend die Solidarität mit vor islamistischem Terror und Bürgerkrieg geflohenen Menschen beinhalten, genauso wie die Unterstützung all jener, die beispielsweise in der Türkei, in Kurdistan oder im Iran für Freiheit und Säkularisierung kämpfen. Sie würde die vielen muslimischen Opfer der Terroranschläge benennen, anstatt jeden weiteren Anschlag für die Verbreitung ihres antimuslimisch-rassistischen Bildes zu nutzen, das als willkommener Türöffner für bekannte rechtsextreme Positionen dient und diese in der angstgetriebenen Öffentlichkeit salonfähig macht. De facto handelt es sich aber um die alte völkisch-rassistische Wahnvorstellung eines Kampfes gegen „Überfremdung“, welche sich als „Verteidigung des Abendlandes“ darstellt. Tatsächlich tritt in letzter Zeit aber auch die zweite regressive Bewegung, der islamistische Autoritarismus, verstärkt öffentlich in Erscheinung. Er umfasst eine Bandbreite unterschiedlicher Phänomene, von repressiv-konservativen Gemeinden und Verbänden, über die Pro-AKP Mobilisierungen bis hin zum jihadistischen Terrorismus. Das Verhältnis der beiden „Bewegungen“ erscheint wie ein mythischer Kampf verfeindeter Brüder. Ihre Feindstellung gegeneinander verdeckt nur mühsam die große Ähnlichkeit der beiden Revolten gegen die moderne Gesellschaft: Beide teilen eine Weltsicht, die von abgeschlossenen und unveränderbaren Kulturen ausgeht. Daher versuchen gegenwärtig auch beide Seiten, unabhängig von realen sozialen Gegensätzen wie Klassenverhältnissen, den Gegensatz „Nicht-Muslime vs. Muslime“ als die zentrale Spaltungslinie zu etablieren. Sie sind wechselseitig aufeinander angewiesen und das jeweilige Gegenüber legitimiert den eigenen Kampf gegen die Moderne: Der Islamismus braucht Muslime als ewige Opfer und Abgehängte der westlichen Gesellschaften genauso, wie die völkischen Rassist*innen das islamistische Bedrohungsszenario. Die Sehnsucht nach einer angeblich konfliktlosen, harmonisch-homogenen Gemeinschaft, in der die gegensätzlichen gesellschaftlichen Interessen aufgehoben sind, wird einmal als „Nation“, ein anderes Mal als „Umma“ (Gemeinschaft der Gläubigen) gedacht. Offener Antisemitismus oder verdeckte antisemitische Denkmuster – vor allem in verschwörungstheoretischen Erklärungen sozialer und politischer Phänomene – Männlichkeitskult und Hass auf Frauen* und Homosexuelle und Transsexuelle sowie die Verehrung des Todes als Helden- und Kriegerkult sind weitere wichtige Gemeinsamkeiten.

Wie können wir diesen autoritären Strömungen, angesichts ihres widersprüchlichen Verhältnisses zueinander, nun entgegentreten?

Vereinzelung und Konkurrenz
Die radikale Linke darf sich nicht auf die Scheingefechte eines angeblichen Kampfes der Kulturen einlassen. Es muss darum gehen, die gegenwärtigen Autoritarismen – seien sie völkisch-nationalistischer oder islamistischer Prägung – als das zu kritisieren, was sie sind: reaktionäre Versuche der Krisenbewältigung, auch auf individueller Ebene. Sie sind als Ausdruck der prekären Existenz der Individuen in kapitalistischen Gesellschaften zu begreifen, Schiefheilungen einer fragilen Existenz, die noch fragiler zu werden droht.
In nationalstaatlich-kapitalistischen Gesellschaften wie der österreichischen kann der einzelne Mensch nur überleben, wenn er in der Konkurrenz am Markt besteht. Das erfordert eine enorme Anpassungsleistung: Jede*r Einzelne muss sich selbst und jede Regung des eigenen Lebens den Regeln von Markt und Staat unterwerfen. Man muss sich selbst permanent disziplinieren, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse unterdrücken und leugnen. Man lebt in einem Zustand der ständigen Selbst-Mobilisierung, in dem man sich immer wieder mit anderen vergleichen muss, sie übertreffen will und sich dafür selbst optimieren muss. Die Unterwerfung unter die Anforderungen der Konkurrenz reicht dabei bis tief in die psychische Struktur der Individuen. Sie können diese Selbstzurichtung vor allem dadurch erbringen, indem sie sich auch subjektiv sehr stark mit der Autorität von Markt und Staat identifizieren, die ihnen als „unser Land“/„unsere Wirtschaft“ begegnet. Die Ideale von Konkurrenzkampf, Leistung und Nützlichkeit werden in das Selbstbild übernommen und zu Leitmotiven des eigenen Lebens – die Einzelnen verinnerlichen den äußeren Zwang. Allerdings erwarten die Menschen auch, von der herrschenden Ordnung dafür belohnt bzw. entschädigt zu werden. Sie wollen an der Größe ihres Standortes teilhaben, und sich durch die Stärke der Nation, welche zum Teil des eigenen Ichs geworden ist, selbst stark fühlen. Auch der Vergleich nach unten und der stolze Blick auf den Platz, den sie sich in der Konkurrenz erkämpft haben, soll den von den täglichen Demütigungen angekratzten Selbstwert stabilisieren.

In der gegenwärtigen Krise verschärft sich diese Dynamik. Die in Aussicht gestellte Belohnung für die Unterwerfung (finanzielle Sicherheit, Planungssicherheit, der zu genießende Lebensabend, dass die Kinder es einmal besser haben, usw.) wird immer fraglicher. Mit der Krise des Sozialstaats, der Finanzkrise und der Eurokrise ist die soziale Unsicherheit zunehmend in die Mitte Europas zurückgekehrt und mit ihr eine bedrohliche Ahnung von der Instabilität des globalen Kapitalismus. Die Verarbeitung dieser Veränderungen befördert eine politische Subjektivität, die geprägt ist von Gefühlen der Ohnmacht und Angst und einem diffusen Ungerechtigkeitsempfinden. Die Einzelnen fühlen sich als Spielball anonymer ökonomischer Kräfte. Dafür muss der soziale Abstieg nicht einmal am eigenen Leibe erfahren werden. Abstiegsängste und die leise Ahnung, dass der eigene Standort von der Krise bedroht ist und daher auch die eigene „Belohnung“ in Gefahr ist, reicht, um die Legitimität des gesellschaftlichen Status Quo aus Sicht der Einzelnen erheblich zu schmälern. In ihrer Wut über die eigene Unterwerfung unter eine versagende Autorität werden als Erklärung für das eigene Elend Feindbilder geschaffen, an denen Wut und Hass entladen werden. Die Aggressionen richten sich nie gegen die wahre Ursache des eigenen Leidens – nämlich die Ordnung von Staat und Kapital, weil diese faktisch zu mächtig ist und weil nicht sein kann, was nicht sein darf: Dass am Ende genau jene Autoritäten, denen man das ganze Leben unterworfen hat, Schuld am eigenen Leiden sein könnten. Dass die ganze Selbstzurichtung umsonst gewesen sein könnte, dass sie weder ein schönes, noch ein freies, noch ein sicheres Leben garantiert.

Die kapitalistische Produktionsweise
Die Kritik an diesen Missständen muss an der Wurzel ansetzen. Dafür müssen tiefergehende Zusammenhänge erkannt und verstanden werden. Der Kapitalismus als komplexes System, das in all unsere Lebensbereiche einwirkt und die Regeln des täglichen Miteinanders festschreibt, muss angegriffen werden. Wie dies ganz grundsätzlich funktioniert und welche Rolle Patriarchat und Staat darin einnehmen muss also deutlich gemacht werden:
Der Kapitalismus zeichnet sich gegenüber vorkapitalistischen Produktionsweisen dadurch aus, dass er Ausbeutung und Herrschaft auf Basis vom Privateigentum an den Produktionsmitteln organisiert. Manche besitzen Produktionsmittel, andere haben nur den Verkauf ihrer Arbeitskraft als Einkommensquelle – sie sind also lohnabhängig. Diese Lohnabhängigen werden von den Kapitalist_innen – also den Besitzer_innen der Produktionsmittel – angestellt und ausgebeutet, d.h.: Lohnabhängige erarbeiten mehr, als sie im Tausch für ihre Arbeitskraft an Lohn erhalten. So entsteht der Mehrwert bzw. Profit für den_die Unternehmer_in/Kapitalist_in. Profit ist der eigentliche Zweck der Produktion. Die Befriedigung von Bedürfnissen dient lediglich als Mittel zur Realisierung dieses Zwecks. Hier darf allerdings nicht der Fehlschluss gemacht werden, Kapitalist_innen allein seien für das Übel des Kapitalismus verantwortlich, denn: Unter den Bedingungen der Konkurrenz hat das Handeln von Lohnabhängigen und Kapitalist_innen gleichermaßen Zwangscharakter. Lohnabhängige sind gezwungen ihre Arbeitskraft als Ware am Markt zu verkaufen, um ihre Existenz zu sichern und Kapitalist_innen sind gezwungen permanent ihren Gewinn zu vergrößern um am Markt bestehen zu bleiben.

Zur Rolle des Staates
Um zu gewährleisten, dass sowohl die Kapitalist_innen als auch die Lohnabhängigen sich gegenseitig als Eigentümer_innen anerkennen, braucht es eine Gewalt, die den reibungslosen Ablauf des Tausches garantiert: den Staat. Er sorgt dafür, dass die Konkurrenz und die Ausbeutung in der Gesellschaft nicht in offene Gewalt umschlägt. Dadurch, dass er die Menschen als abstrakt gleiche Rechtssubjekte anerkennt, schreibt er deren ökonomische Ungleichheiten fest, da er damit auch die herrschende Eigentumsordnung verschleiert und reproduziert. Er ist für die Reproduktion der kapitalistischen Gesellschaft als Ganze verantwortlich und damit keineswegs unparteiisch. Denn: Er ist für seine eigene Refinanzierung auf die erfolgreiche Vermehrung der Profite der Unternehmen auf seinem Territorium angewiesen, da er sich maßgeblich durch Besteuerung dieses Kapitals (sowie der aus ihm bezahlten Löhne und der sich daraus ergebenden Kaufkraft) finanziert.
Der Staat ist ein Wettbewerbsstaat, niedrige Löhne stellen seine Erfolgsgrundlage dar. Spätestens mit der seit 2008 akuten Krise des Kapitalismus spitzt sich dieser Wettbewerbsstaat autoritär zu. Das heißt die zunehmende Durchkapitalisierung aller gesellschaftlicher Sphären wird wenn notwendig auch mit Zwang durchgesetzt, was an Griechenland erst kürzlich sehr bildlich vor Augen geführt wurde. Doch auch die augenblickliche autoritäre Zuspitzung und die Militarisierung des Grenzregimes in Österreich sind nicht von dieser Entwicklung zu trennen.
Die Nation wiederum ist der ideologische Kitt, der die gegensätzlichen ökonomischen und sozialen Positionen, die der staatlich verwaltete Kapitalismus unter die Leute bringt, verdeckt. Die Staatszugehörigkeit der Individuen wird zu einer mystischen „Volkszugehörigkeit“, die je nach Bedarf mit einer Kombination aus angeblich gemeinsamer Kultur, Geschichte, Sprache etc. begründet wird. Mit der Realität haben diese nationalistischen Konstruktionen nur bedingt etwas zu tun, jedoch eignen sie sich hervorragend dazu, die staatliche Herrschaft in den naturwüchsigen Ausdruck einer vorbestimmten Gemeinschaft umzudeuten.

Patriarchat und Kapitalismus
Die Versuche einer reaktionären Krisenbewältigung zielen auch darauf ab, festgeschriebene Geschlechterrollenbilder zu stabilisieren und jene Fortschritte, die durch jahrzehntelange feministische Kämpfe erzielt wurden, rückgängig zu machen. Die „Sonderrolle“, die im Kapitalismus Frauen* zugeschrieben wird, muss an dieser Stelle betont werden. Reproduktionstätigkeiten und Lohnarbeit im Care-Sektor sind nicht nur besonders prekär, sie werden gesellschaftlich auch als Aufgabe von Frauen* festgeschrieben.
Der Reproduktionsbereich, der eigentlich außerhalb der kapitalistischen Verwertungslogik steht, ist Voraussetzung für das weitere Bestehen des Systems, auch wenn Teile des Reproduktionsbereichs durch Lohnarbeit erfolgen und in den Kapitalismus eingegliedert sind. Menschen umsorgen, pflegen, aufziehen erfordert keinen Egoismus, wirtschaftliche Rationalität oder Profitdenken, sondern viel mehr Fürsorge, Selbstlosigkeit, Emotionalität und Zuneigung. Dass eben diese Eigenschaften, Gefühle und Haltungen nun als „weiblich“ festgeschrieben und von „männlichen“ Eigenschaften getrennt werden, liegt nicht zuletzt in der fortgeschriebenen Geschichte des Patriarchats begründet. Die als „weiblich“ verstandenen Eigenschaften erfüllen also den Zweck, dass dadurch Frauen* essentiell dazu bestimmt werden, die Reproduktion zu übernehmen. Auch der vermehrte Eintritt österreichischer/westeuropäischer Frauen* in den Bereich der kapitalistischen Verwertungslogik ändert nichts an geschlechtsspezifischen Zuschreibungen und der Entwertung von Reproduktionstätigkeiten. Vielmehr bringt er zumeist eine Doppelbelastung mit sich, da die Reproduktion nach wie vor Frauen* zugeschrieben werden. Um der Mehrfachbelastung von Lohnarbeit und Reproduktionstätigkeiten zu entkommen, werden letztere im Sinne sekundärer Ausbeutungsmechanismen an Migrantinnen* ausgelagert, die sie häufig unter äußerst prekären Arbeitsverhältnissen ausüben.
Anerkennung bringt weder die Lohnarbeit noch die unentlohnten Haushalts-, Erziehungs- oder anderen Tätigkeiten im Reproduktionsbereich. Und mit der Nicht-Anerkennung dieser Tätigkeiten geht die Abwertung der notwendigen Eigenschaften, Gefühle und Haltungen für diese einher.
Die kulturell-gesellschaftliche Herstellung von Geschlechtsidentitäten geht also mit der geschlechtlichen Verteilung der Tätigkeiten im Kapitalismus einher. Das moderne Patriarchat und der Kapitalismus bedingen sich gegenseitig und können nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Der Kampf gegen den Kapitalismus muss immer auch ein feministischer Kampf sein.

Die befreite Gesellschaft erkämpfen
Eine linke Kritik, die sich damit begnügt den „Abbau des Sozialstaats“ zu beklagen, sich auf die „gute, ehrliche Arbeit“ beruft und mehr staatliche Intervention in Zeiten der Krise fordert, hat nicht verstanden, dass sie so den Mitverursacher und Betreuer von Armut und Zwang als rettende Instanz anruft. Diese Position ist tendenziell offen für nationalistische Diskurse und das Suchen und (Er-)Finden von Sündenböcken. Der Staat ist nicht und war nie ein neutraler „Überbau“ der Wirtschaft, sondern muss als grundlegendes Element der politischen Ökonomie des Kapitalismus kritisiert werden.
Es geht darum, das Verhältnis von Staat, Nation, Patriarchat und Kapital zu verstehen und Ideologien zu reflektieren und zu widerlegen, die uns schon seit unserer Geburt begleiten, uns anerzogen werden und tiefer in uns stecken, als wir manchmal glauben wollen. Sei es die Identifizierung mit der Lohnarbeit, geschlechtsspezifische Rollen und damit einhergehende Erwartungen, das Gefühl der Wertlosigkeit, wenn man in der Schule oder in der Arbeit negativ bewertet wird oder erst gar keinen Job findet.
Eine Veränderung unseres Blickwinkels auf den kapitalistischen Verwertungszwang, auf den kapitalistischen Wettbewerbsstaat und seine Politik, kann uns neue politische Perspektiven und eine neue Sicht auf die (wahnsinnige) Normalität unseres Alltags ermöglichen.
Der Staat wird uns nicht retten, denn der Staat ist Teil des Elends. Und er setzt seine Gewalt ein, durch Gesetze, Aufrüstung und Einschüchterung, wenn seine Legitimität in krisenhaften Zeiten angezweifelt wird. Unsere Möglichkeiten liegen darin, ein Bewusstsein für die uns umgebenden Ideologien zu entwickeln, uns selbst und unabhängig von staatlicher Politik zu organisieren, gesellschaftliche Spaltungen zu benennen und zu bekämpfen. Die Werte dieser unmenschlichen Leistungsgesellschaft sind so gut antrainiert, dass es schwer fällt, sich eine andere Praxis, geschweige denn die Möglichkeit einer anderen Gesellschaft, überhaupt vorzustellen.
Mit der Kampagne “Raus aus der Ohnmacht!” wollen wir als Plattform Radikale Linke dazu aufrufen, nicht trotz, sondern gerade aufgrund der Defensivposition, in der Antikapitalist*innen sich befinden, in die Offensive zu gehen. So notwendig die Abwehrkämpfe gegen weitere Verschlechterungen sind, so notwendig ist es, die Perspektive nicht aus den Augen zu verlieren: Wenn wir aus dem Hamsterrad der Ohnmacht, der Abwehrkämpfe, der Vereinzelung und Marginalisierung ausbrechen wollen, brauchen wir eine breite, starke und handlungsfähige Radikale Linke!
Die Kampagne soll dazu mobilisieren, Aktionen und Veranstaltungen gegen den Kapitalismus, den Staat und seine autoritäre Formierung zu organisieren. Gleichzeitig stellt dieser Aufruftext den Versuch einer Erklärung der aktuellen Entwicklungen dar. Nur wenn wir uns organisieren und unserer Kritik in Aktionen und Texten transparent und nachvollziehbar Ausdruck verleihen, sie für Menschen zugänglich machen und so als radikale Linke mehr werden, ist Veränderung denkbar!

Die Plattform Radikale Linke ist ein Zusammenschluss vieler linksradikaler Gruppen und Zusammenhänge aus ganz Österreich.

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Am 11. Juni wollen Neofaschist*innen aus ganz Europa in Wien eine Demonstration abhalten. In ihren Augen steht Österreich auf einem Scheideweg: entweder arbeiten „Multikultis” und „Gutmenschen” weiter an der „Zersetzung des Volkskörpers” oder es kommt zu einer „patriotischen Revolution” nach dem Vorbild Ungarns. Neben dem Rechtsruck in verschieden europäischen Ländern wie Ungarn oder Polen fühlen sie sich auch durch das Wahlergebnis der österreichischen Bundespräsidentschaft in ihrer wahnhaften Ideologie bestärkt. Der Aufmarsch in Wien ist für die Neofaschist*innen aus Europa eine symbolische Machtdemonstration. Grund genug für uns als Antifaschist*innen diesen Versuch eine praktische Abfuhr zu erteilen und den Aufmarsch der „Identitären” zu verhindern!

Mit diesem Text wollen wir einerseits aufzeigen, dass dem völkischen Weltbild der „Identitären” nicht nur ein Rassismus und autoritärer Nationalismus innewohnt (wie schon an anderer Stelle ausführlich dargestellt wurde), sondern auch ein massiver Sexismus und Antifeminismus. Andererseits wollen wir einen Blick auf die sicherheitspolitische Debatte um „No-Go Areas” und die Kulturalisierung sozialer Konflikte werfen, die derzeit die mediale Berichterstattung in Österreich beherrscht und damit rechtsextremen Gruppen eine Steilvorlage für ihre Propaganda liefert.

Völkischer Krieg um die Gebärmütter – Gegen Sexismus im Alltag und im Staat!

Seit den massiven sexualisierten Übergriffen in der Silvesternacht in Köln, versuchen sich Rechte als “Frauenschützer” zu inszenieren. Auffallend hierbei ist dass diejenigen, die nun am lautesten nach dem Schutz für Frauen schreien, Gewalt gegen Frauen* ignorieren, wenn sie diese nicht ethnisieren und “Nordafrikanern und Arabern” zuschieben können. Die Thematisierung von Sexismus und patriarchalen Strukturen dient hier – auch dann wenn der Antisemitismus unter Migrant*innen zum Thema wird – der Projektion nach Außen, um sich selbst davon rein zu waschen. Oftmals wehren sich eben die, die nun die „Beschützer“ von Frauen geben, entschieden gegen deren grundlegensten bürgerliche Rechte. Dazu zählen das Recht über den eigenen Körper zu bestimmen oder etwa das Recht auf gleiche Entlohnung. Der Schutz für Frauen  wird darüber hinaus unter das völkischen Primat gestellt: nur „österreichische” oder „europäische” Frauen sollen diesen Schutz genießen. Der Rest erscheint im völkischen Weltbild wiederum als Bedrohung der eigenen Volksgemeinschaft, was sich auch im Diskurs der „türkischen Gebärmaschinen” sichtbar macht. Die Antwort darauf ist eine völkische „Familienpolitik”, in der Frauen* wiederum als Gebärmaschinen wahrgenommen werden. Ihr Körper wird darauf reduziert den „Ethnozid” durch möglichst viele „eigene” Kinder aufzuhalten. Frauen* erscheinen als wehrlose Objekte, welche von Fremden bedroht werden. Dieses  Ressentiment ist stark sexuell aufgeladen. Die Reinheit des Bluts des „Volkskörpers” ist direkt mit Sexualität und deren Kontrolle verbunden, da sich über sie entscheidet, wer Teil der Gemeinschaft wird und wer nicht. Folglich liegt ein Hauptaugenmerk auf der Kontrolle der weiblichen Sexualität der In-group und der männlichen Sexualität der Out-group. Letztere wird als übertrieben triebhaft imaginiert, also als besonders bedrohlich. Bei der Sexualität der Frauen* der In-group, wird nur Heterosexualität als vollwertig erachtet, kann doch auch nur so der „rassisch reine” Nachwuchs sichergestellt werden.

Hier trifft sich die faschistische Sorge um die als weiblich gedachte Gebärfähigkeit der völkischen Frau mit den Interessen staatlicher Bevölkerungspolitik. Das staatliche bevölkerungspolitische Interesse, Kontrolle über Quantität sowie Qualität der Gesamtbevölkerung zu erlangen, um die „optimale” Reproduktion der nationalen Gemeinschaft zu sichern, bedient sich einer breiten Palette an patriarchalen Regulierungs- und Disziplinartechniken. Das bekannteste davon ist wohl das Verbot von Abtreibungen, welches immer noch im österreichischen Strafgesetzbuch steht. Die faschistische und staatliche Disziplinierung der Frauen*körper weist hier bloß einen graduellen, kleinen prinzipiellen Unterschied auf. Während völkische Nationalist*innen die Frage nach Bevölkerungswachstum rassistisch beantworten, ist für Regierungsstellen „gemanagte” Migration auch eine Option. Der subjektlosen Herrschaft des Patriarchats, welche sich in der bürgerlichen Gesellschaft herausgebildet hat, stellt die extreme Rechte das Bild der „natürlichen Ordnung” eines patriarchalen, von persönlichen Abhängigkeitsverhältnissen durchzogenen, Familienmodells entgegen. Wenn sich diese gegen jede Emanzipation gerichtete Forderung gesellschaftlich durchsetzt, stellt das einen massiven Angriff auf erkämpfte Frauen*rechte dar.

Die große Mehrzahl an Frauen* bekommen jeden Tag auf der Straße, in der Uni, in der Arbeit, beim Fortgehen zu spüren was es heißt, als Frau erkannt zu werden. Sexismus und sexualisierte Gewalt sind weiterhin alltäglich. Die Städte für Frauen* und alle anderen, die im öffentlichen Raum von Gewalt durch Männerbanden bedroht sind, sicherer zu machen, heißt, dieser Gewalt überall, an jedem Tag im Jahr entgegenzutreten. Wer von der sexualisierten Gewalt an Silvester und am Praterstern redet, aber von männlicher Dominanz und Rassismus, von Homophobie und Transfeindlichkeit nichts hören will, ist kein Verbündeter im Kampf gegen die patriarchale Zurichtung der Gesellschaft. Betroffene von Sexismus brauchen echte Unterstützer*innen  und keine falschen Freunde. Von (Hetero) Sexismus Betroffene sind keine wehrlosen Objekte, sondern wehren sich, da sie es tagtäglich müssen!

Sexismus, Rassismus und Sicherheitspolitik – Gegen die Kulturalisierung des Sozialen!

Praterstern, Brunnenmarkt, U6, Drogen Hotspots, Eisenstangenmörder, Kriminalität – das sind nur einige Schlagwörter, die derzeit die mediale Berichterstattung über die „No-Go Areas” in der österreichischen Bundeshauptstadt dominieren. In die Debatte mischt sich ein rassistischer und chauvinistischer Sicherheitsdiskurs, der soziale Konflikte kulturalisiert. Obdachlose, Dealer, Suchtkranke und viele andere Menschen, die nicht ins angestrebte Stadtbild passen, werden hier vor allem als Bedrohung und potentielle Täter (nicht nur von sexualisierter Gewalt) wahrgenommen. Die Antwort ist dann nicht mehr solidarische Hilfeleistungen für Betroffene von sozialen Ausschluss (mit all den Folgen die dieser bewirkt), sondern mehr Polizei und Repression.

Kriminalität, also alle Praktiken und Verhaltensweisen die vom Staat kriminalisiert werden, wird zunehmend nicht mehr als ein soziales Phänomen angesehen sondern als ein moralisches. Kriminalität erscheint so als blinder Akt des Bösen von moralisch verkommenen Akteur*innen und wird auf diese Weise individualisiert. Dementsprechend geht es auch nicht um die Bekämpfung von Armut, Benachteiligung und Ausschluss, sondern um sicherheitspolitische Techniken der sozialen Kontrolle und Überwachung, des Strafens und Ausschließens. Dies korrespondiert mit dem neoliberalen Rückbau sozialer Sicherungssysteme, was einerseits zur Verschärfung sozialer Ungleichheit führt und andererseits zu einer Verunsicherung breiter Schichten. Dieser als unspezifischen Bedrohung wahrgenommen Entwicklung, wird wiederum mit einer sicherheitspolitischen Verwaltung des bestehenden Elends beantwortet. Benachteiligte erscheinen in dieser die Gesellschaft durchziehenden Perspektive nicht mehr als Mitmenschen, denen Solidarität und Unterstützung entgegengebracht werden sollte, sondern als potentielle Täter. Ganz zu Schweigen von den haarsträubenden Ressentiments die gegen Obdachlose, Arme und Suchtkranke gehegt werden.

Neben dieser Individualisierung von Kriminalität, die den Zusammenhang von Armut, Benachteiligung und Kriminalität übersieht, werden soziale Verhältnisse zunehmend kulturalisiert. In der mit der Kulturalisierung einhergehenden Naturalisierung und Verewigung sozialen Verhaltens – dem „wir” oder „die sind halt so” – liegt auch eine kapitalistische Funktion. Soziale Konflikte werden in kulturelle umgedeutet. Die als Kulturen gegenübergestellten und als solche „respektierten” gesellschaftlichen Widersprüche sind damit nicht mehr bekämpfbar, sondern werden als kulturelle Eigenheiten angesehen. Die Andersartigkeit von Menschen folgt nach dieser Logik dann nicht mehr aus deren sozialer Situation, sondern aus ihrem kulturellen Hintergrund.

Das ist auch der Angriffspunkt der extremen Rechten. Diese beschwören einen „Kampf der Kulturen” und nutzen jedes ihnen passende Ereignis um es rassistisch auszuschlachten. So fordern sie die Abschiebung „krimineller Ausländer” und erhalten für solche Positionen Applaus aus großen Teilen der Bevölkerung. Damit werden völkisch-rassistische Postionen und die dahinterstehenden und immer wieder in Parolen gepackte Forderung nach einer territorialen Zurückeroberung und gewaltsamen Vertreibung der Gemeinschaftsfremden, einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Thematisierung der „Verbrechen der Anderen”, die durch ihre Doppelmoral besticht, hat in der extremen Rechten eine lange Tradition. Neben Projektion und Propaganda geht es hier auch um die Entlastung und die Reinwaschung des „Eigenen”. Es geht weniger um die Tat an sich und schon gar nicht um die Opfer, sondern um eine Instrumentalisierung von Vorfällen für völkisch-nationalistische Zwecke.

Never let the fascists have the streets – Für ein gutes Leben für alle!

Die Ausgeschlossenen und Marginalisierten sind aber auch nicht automatisch ein revolutionäres Subjekt, sondern oft genug selbst Träger*innen reaktionärer Ideologien (das hat nicht nur zuletzt die Bundespräsidentschaftswahl aufgezeigt). Die „objektiven Verlierer*innen” des Bestehenden müssen nicht automatisch das subjektive Interesse am Besseren haben. Im Supermarkt der reaktionären Ideologien gibt es verschiedene Angebote wie Islamismus, Nationalismus oder eben Rechtsextremismus, die miteinander konkurrieren. Doch diese sich angeblich so feindlich gegenüberstehenden Ideologien sind sich näher, als sie es von sich selber glauben möchten. Es geht um die autoritäre Befriedung gesellschaftlicher Widersprüche und um den Ausschluss derer, die nicht zum repressiven Kollektiv dazugezählt werden.

Einer linksradikale Perspektive, die über antifaschistische und anti-sexistische Abwehrkämpfe hinausweisen will, weil es mit der Emanzipation des Menschen von Herrschaft, Ohnmacht und Unterdrückung doch noch etwas werden soll, sollte sehr daran gelegen sein reaktionäre Ideologien in die Schranken zu weisen und Ideologiekritik in den Fokus der Analyse zu stellen. Denn auch wenn der Kapitalismus eine jeder Vernunft spottende Veranstaltung ist, welche die Menschen zutiefst entstellt und zurichtet, ist das keine Entschuldigung dafür reaktionäre Ideologien anzunehmen. Die Reflexion über diese unvernünftige Gesellschaftsordnung ist die Voraussetzung für die Überwindung der falschen Verhältnisse. In unseren kollektiven Kämpfen gegen Sexismus und Rassismus, gegen patriarchale Strukturen und rassistischen Ausschluss, werden Risse des herrschenden Konsens sichtbar, die es zu erweitern gilt. Denn ein gutes Leben für alle ist nur mit der Abschaffung des Kapitalismus und des Patriarchats zu haben.


In diesem Text werden verschiedene Formen verwendet, um Geschlechterverhältnisse sprachlich darzustellen. Wir verwenden /Frau/ bzw. /Mann/, wenn wir uns auf reaktionäre Verhältnisse beziehen, um deutlich zu machen, dass in eben dieser Logik Geschlecht stets binär und biologistisch gedacht wird. In diesem Zusammenhang verwenden wir auch fallweise das generische Maskulinum, um die sprachliche Reproduktion hegemonialer Männlichkeit innerhalb der oben genannten binäre Sichtweise aufzuzeigen.

/Frau*/bzw. /Mann*/schreiben wir hingegen, um Geschlecht sprachlich weiter fassen zu können: es sollen damit alle Menschen berücksichtigt werden, die sich dem jeweiligen Geschlechterkonstrukt zugehörig fühlen – unabhängig davon, welches ihnen aufgrund der gesellschaftlichen Normativität zugeschrieben wird. Wenn wir uns auf keine spezifischen Geschlechtskonstrukte beziehen, sondern alle Gender meinen, verwenden wir das Gender-Sternchen.